
von Peter Brandt
In der Einstellung zum gegenwärtigen Krieg in der Ukraine geht ein Riss durch die deutsche Bevölkerung, der aber in der relativ uniformen veröffentlichen Meinung nicht abgebildet wird. Hier hebt sich die Medienwelt der Bundesrepublik negativ ab von etlichen westlichen Ländern einschließlich der USA, wo die Debatte viel offener geführt wird. Stattdessen erleben wir eine Diffamierung derjenigen, die für Waffenstillstand und Verhandlungsinitiativen eintreten, verbunden mit regelrechter Verfälschung ihrer Positionen und Motive. Doch die Andersdenkenden sind nicht länger gewillt, sich zu ducken. Sie artikulieren ihre Standpunkte vermehrt und in größerer Zahl.
von Ulrich Schödlbauer
George Friedman, den breiten Kreisen weniger vertraut als der Boxer George Foreman, aber in der abgehobenen Welt der geostrategischen Berater ein Schwergewicht, hat den USA eine dreifache Krise attestiert: eine ökonomische, eine institutionelle und eine konstitutionelle. Für jede von ihnen zeichnen unterschiedliche Faktoren verantwortlich, aber gemeinsam haben sie das Zeug dazu, Epoche zu machen, d.h. eine Zäsur zu bilden, nach der die Welt ein anderes Aussehen haben wird. Wohlgemerkt, eine Welt, denn drunter machen es die USA nicht, wie einige europäische Staaten, darunter der hiesige, es gerade nicht zu ihrer reinen Freude erfahren. Welch Glück, dass Friedman, gestützt auf eine Zyklenlehre, die wohl uramerikanisches Gottvertrauen voraussetzt, den Zeitraum der Tripelkrise aufs laufende Jahrzehnt begrenzt – ein neuer Präsident wird erscheinen und alles wird gut werden.
mitgeteilt von Peter Brandt
Putins fatale Entscheidung, die Ukraine anzugreifen und völkerrechtswidrig einen Krieg in Europa vom Zaune zu brechen, hat dazu geführt, dass in Politik und Medien immer wieder die sozialdemokratische Entspannungspolitik, teilweise zurückgehend bis Willy Brandt und Egon Bahr, sowie die Politik nachfolgender Jahrzehnte indirekt für den Angriffskrieg mitverantwortlich gemacht wird. Wir widersprechen dem nachdrücklich und rufen im Folgenden die Rahmenbedingungen und Mechanismen in Erinnerung, unter denen Entspannung im alten Ost-West-Konflikt möglich wurde. Dies hat letztlich zu dessen Ende geführt und die Deutsche Einheit mit ermöglicht. Diese Phase ist historisch abgeschlossen und nicht ursächlich für das jetzige Desaster. Ungeachtet dessen wird behauptet, dass eine vermeintlich allein auf Kooperation gebaute Politik den Herrscher im Kreml ermutigt habe, den heutigen gewaltsamen und alle Regeln missachtenden Weg zu gehen. Entscheidend wird in Zukunft sein, ob und unter welchen Bedingungen es wieder zu einer Phase kooperativer Sicherheit kommen kann. Das Schweigen der Waffen in der Ukraine, die Respektierung und Sicherung ihrer staatlichen Integrität und eine stabile, dauerhafte Friedenslösung sind dafür die zentralen Voraussetzungen. Viele strukturelle und inhaltliche Fragen zur europäischen Sicherheit, die zumeist nicht neu sind, stellen sich in diesem Zusammenhang. Sie bedürfen aber unter den neuen Bedingungen neuer Antworten.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G