
Was wissen wir? Was können wir tun? Zwischen Dekarbonisierung, Innovation und Anpassung
von Vade Retro
In diesen Sommer verschärften Klimataumels fällt Hans von Storchs neues Klimabuch wie ein Brocken Mondgestein: kühl, nüchtern, informativ und mit einer Botschaft: Und das Klima, es ist doch kein leerer Wahn! Was, ist der Laie als Leser geneigt zu fragen, was, angesichts all des Getöses, der maßlosen Übertreibungen, der Kreuz- und Querbeschimpfungen, der offenkundigen Lügen und der versteckten, des gängigen Klima-Pharisäertums und des hier und da aufblitzenden Klima-Terrors, soll denn an diesem Thema noch dran sein, das nicht bereits vor Jahren – und zwar kontrovers – geklärt wurde? Von Storch behauptet nicht, auf jeder Seite Neues zu thematisieren. Das Buch enthält eine Art Summe der unaufgeregten Zwischenbemerkungen des Wissenschaftlers auf Globkult und anderswo in den letzten Jahren: Ja, es gibt einen rationalen Kern der Klimaforschung, ja, Menschen sind gut beraten, sich gegen klimatische Verschiebungen zu wappnen (was seit jeher zu den Aufgaben zählte, die Kulturen bewältigen mussten), nein, es gibt keinen Grund zur Klimapanik, nein, eine Zero-Emission-Politik ist nicht zielführend, weil sie die Volkswirtschaften überfordert und von der Sache her unnötig ist. Hinzu kommt die das Buch durchziehende Sorge, die Konzentration der Politik auf ›Klimaziele‹ wachse sich zu einer veritablen Gefahr für die Demokratie aus, weil sie das konkrete Sorgenspektrum der Bürger ausblendet – beziehungsweise, wie in den vergangenen Monaten überdeutlich geworden, benützt, um sie unter eine Art politischen Hausarrests zu stellen: Wir entscheiden, ihr pariert.
von Steffen Dietzsch
Sowjetrussland war für Weltverbesserer aller Couleur immer schon ein Sehnsuchtsort, auch ein, wenn es ›daheim‹ zum Äußersten kommen sollte, Fluchtziel und perspektivreiche Basis fürs letzte-Gefecht. – Das parlamentarische Ende der ›Weimarer Republik‹ schien ein diesbezügliches historisches Zeichen zu sein. Gleich nach dem Reichstagsbrand 1933 erlebte Deutschland insgesamt einen intellektuellen Exodus. Auch Schriftsteller, Essayisten und Kulturpolitiker des der KPD nahestehenden Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (gegr. 1928) verließen das Land. Viele kamen schließlich auf den unterschiedlichsten Wegen des Exils auch nach Moskau. Ihre Erwartungen waren, zumal wenn sie das Land bloß als Polittouristen kannten, weit gespannt – ebenso wie ihre anschließenden grotesken und schrecklichen Erfahrungen. Sie waren auf verschiedene Weise, aber immer politisch, resistent gegen alle kontraintuitiven Lebens- u. Leidenserfahrungen in jenem Land, in-dem-das-Morgen-schon-Geschichte-ist (Julius Fučik, 1931); auch tragische Lebensschicksale von aktivistischen Russlandfahrern aus ihrem engsten Genossenkreis (wie z.B. das des frühen Sowjetbeamten Karl Albrecht *1897, seit 1924 in Moskau, stellv. Volkskommissar, 1932 inhaftiert, Todesurteil, 1934 ausgewiesen) blieben als ›Einzelfälle‹ oder als ›Irrtümer‹ außerhalb ihrer – eben politischen – Urteilskraft.
Glücklicher Douglas Murray, du gibst uns Lachstoff: So ließe sich denken, aber dem ist nicht so. Was Murray an Begebenheiten von den verschiedenen Schlachtfeldern der woken Ideologie, vornehmlich im angelsächsischen Raum, zusammenträgt, wäre ergötzlich zu nennen, liefe es nicht oft genug auf Menschenzerstörung hinaus. Doch gelegentlich stockt einem der Atem bei dem Gedanken, der das Grundgerüst des Buches bildet: Was hier beschrieben wird, sind Emanationen eines wirklichen Krieges, angezettelt von westlichen Intellektuellen, meist arrivierten Vertretern bestimmter Fächer, gegen den Westen, soll heißen, ganz rassistisch gegen den in ihm vorherrschenden Menschentypus, seine Traditionen und seine ›Werte‹, denen ein leerer Universalismus der ›Gleichheit‹ den Garaus bereiten soll. – Niemand beschreibt so hingebungsvoll wie Murray den Untergang des Abendlandes in einer offenen Anzahl von Akten, sozusagen Buch um Buch – diesmal, da er die Critical Race Theory und ihre Aktivisten aufs Korn nimmt, gelingen ihm Miniaturen von kecker Anschaulichkeit und einer gewissen Eleganz, die im Kosmos seiner zahlreichen Feinde vermutlich selbst bereits eine Frechheit darstellt. So in der Darstellung des Ungemachs, das eines schönen Tages im Dezember 2020 über ein skurriles Wandgemälde im Café der Londoner Tate Gallery hereinbrach:
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2023 Monika Estermann: Lascaux