von Don Albino
Lassen Sie mich so anfangen: Wer den Tanz ums Goldene Kalb als Urbild aller Firmenkultur begreift, für den dürfte Elon Musks Häuptlingstanz… Schon falsch! Haben Sie ihn gesehen? Haben Sie sich umgesehen? Eher nicht? Das habe ich mir gedacht. Das ist das Schöne am heimischen Publikum: die uninformierte Informiertheit. »Lesen Sie ruhig weiter, auch wenn Sie nichts verstehen.« »Was gibt’s?« Es ist gegenwärtig kein Reisewetter, da kann man schon einmal durch die News scrollen. Hat gemacht! Ja was denn? Pardon, das hier sind keine News. Erwarten Sie Reflexion, pure Reflexion.
von Herbert Ammon
Ehedem ließ ich mich von Radio 3 Kultur auf RBB (Radio Berlin-Brandenburg) zum Frühstück samt Zeitung mit klassischer Musik berieseln. Schon ehe der RBB durch Postenschacher, Bereicherung und Misswirtschaft für Aufregung sorgte, hatte ich mich, genervt von ständigen Unterbrechungen durch »Kulturnachrichten«, auf das morgendliche Programm von BR Klassik umorientiert, wo mehr Musik und weniger Politkommentare zu erwarten sind. Meine Erwartung wurde heute morgen widerlegt: Als erste (!) Information der stündlichen Nachrichtensendung mussten wir Hörer (m/w/d) vernehmen, dass eine Jury in Marburg die Bezeichnung »Biodeutsche« zum »Unwort des Jahres« erklärt habe.
von Helmut Roewer
Falls Sie einen Konservativen kennen, so besuchen sie ihn ohne Scheu. Tun Sie es bald, denn… man weiß ja nie. Falls Sie einen Konservativen kennen, vermeiden Sie es, ihn danach zu befragen, was das denn sei, so ein Konservativer. Nehmen Sie stattdessen ein Schlückchen von seinem in überschaubaren Quanten angebotenem Roten, schlürfen den mit aufgesetztem Kennerblick und lassen sich die familiären Sammlungen zeigen, Stocknägel, Flinten, Krawattennadeln oder so. Freuen Sie sich im Übrigen an dem wohltemperierten Gespräch, das nur ab und an die Grenzen des Politischen streift und von dort mit kurzem Augen-zum-Himmel-heben wieder weggelenkt wird.
Sie werden sich höflich verabschieden und auch mit ebenderselben Höflichkeit verabschiedet werden, und wenn sie den angenehmen Abend Revue passieren lassen, dann werden Sie sagen: Schön, dass es sie noch gibt, diese Konservativen.
von Burckhard Dücker
Für die kulturwissenschaftliche Untersuchung der humoristischen Dimension (Humor, Ironie, karnevalistische Szenen, Komik, Parodie, Schwank, Verlachen, Witz u.a.) als kommunikative Handlungsform in Johannes Bobrowskis »Zeitroman[en]« mit historischem Bezug Levins Mühle (1964) und Litauische Claviere (postum 1965) scheint ein Blick auf Geltung und Funktion von Humor und Komik in der öffentlichen Kommunikation der Gegenwart nützlich zu sein, weil er den Rezeptionskontext der Studie erschließt. Markieren zeitgenössische Belege doch einen entsprechenden Referenzrahmen, in dem Wahrnehmungen und Einschätzungen von sowie Erwartungen an Situationen und Formen des Lachens sichtbar werden. Haben Lachen, Humor und Komik bestimmbare soziale Bedeutung und gesellschaftliche Funktionen?
von Helmut Roewer
...und andere nützliche Motive, eine Autobiografie zu lesen
Der Dienstagmittag war regenverhangen in Erfurt, und da ich zu früh dran war, trat ich in das mildtätige Geschäft von Oxfam ein, um mich unter den Augen wohl konservierter älterer Damen die nächsten zehn, zwanzig Minuten herumzudrücken und vor dem einsetzenden Dauerregen zu schützen. Ein wunderbarer, ein ordentlicher Laden, die Bücher reichlich und wohl sortiert. Die überwiegende Zahl davon autobiografischen Inhalts und davon die meisten von Schauspielerinnen.
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Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G