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von Steffen Dietzsch
Vom einfachen Leben, das gerade nach dem Sieg des Sozialismus so schwierig ist
Man kann zunächst gut verstehen, wie sich der junge Sportschüler Faust sein künftiges gutes Leben – mit freien Volk auf freien Grund zu stehen – vorgestellt hat: Ein Foto von 1961 (S.74) zeigt ihn und einen Freund, beide in weißer Turnerkleidung, tadellos selbstbewusste Haltung, kräftig und sensibel zugleich – die Zukunft wird von ihresgleichen bestimmt, konzentriert, gradlinig, mit Disziplin und Leistungen, die ihnen nicht gleich jeder nachmachen kann. Das war eine neue, eben arbeiterkulturelle Prägung für Menschen, die den für unmöglich gehaltenen Aufbau aus den Trümmern deutscher Geschichte sollten bewerkstelligen können. – Doch der Aufbruchskultur in der DDR fehlte von Anfang an eine Bilanzstrategie. Es fehlte häufig das Verständnis für die schmale materielle Basis eines Neubeginnens. Immerhin musste erst Walter Ulbricht sterben, ehe man (seit Mitte der Siebziger) den heilsgeschichtlichen Begriff ›Sozialismus‹ auf einen wirklichkeitsnahen real-existierenden herunterbrach (dessen Pathosferne durch strafrechtliche Phantasien kompensiert wurde). Vor allem fehlten, und das hat der junge Faust sofort gespürt, akzeptable Umgangsregeln für legitime Kritik an Wegen und Abwegen des Neubeginnens. Die Erfahrungen mit der Macht der unbarmherzigen sowjetrussischen Bürger- & Weltkriegssieger wurden in der DDR als Maxime der eigenen Staatsräson übernommen.
von Herbert Ammon
München rühmt sich womöglich noch immer, die »Weltstadt mit Herz« zu sein. Den Beweis lieferten jedenfalls Anfang September 2015 junge MünchnerInnen (damalige PC-taz-Rechtschreibung, noch ohne Gendersternchen), und das heißt vor allem grüne Menschen weiblichen Geschlechts, als sie die dank Bundeskanzlerin Merkels Grenzöffnung (»Grenzen kann man nicht schützen«) in Sonderzügen aus Ungarn ankommenden Syrien-Flüchtlinge auf dem Bahnhof mit Teddybären und Süßigkeiten, sicher auch mit Lebkuchenherzen, empfingen.
von Michael Klein
Es ist ein Elefant im Raum und… – Sie kennen die Geschichte: Keiner sieht ihn, niemand will ihn wahrhaben, aber alle denken darüber nach, fühlen es und richten ihre Handlungen danach aus. Wenn es um Deutschland als Staat geht, ist der Elefant das umfassende Staatsversagen, das inzwischen schon seit Jahren zu konstatieren ist. In der Migrationspolitik, der inneren Sicherheit, der Bildung, der Infrastruktur, der Energiepolitik. Die Reihe lässt sich nahezu beliebig fortsetzen. In Deutschland unvorstellbar?
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G