von Ulrich Schödlbauer
Wie immer man die Bauernfrage dreht und wendet – ihre Anschlussfähigkeit stellt sie mit jedem Tag, der vergeht, stärker unter Beweis. Der von Verarmungsängsten geplagte Mittelstand und Teile der Großindustrie sind innerlich und äußerlich längst mit von der Partie und wer noch trödelt, hat vielleicht den Schuss nicht gehört oder verdient sich mit dem Angstszenario der anderen gerade eine goldene Nase.
von Gerd Held
Um aus den Krisen der Gegenwart herauszufinden, wird eine Welt eigenverantwortlicher Länder gebraucht, die aus territorial begrenzten Nationalstaaten bestehen muss. Aber dies Grundelement ist keine sichere Errungenschaft, auch nicht in der ›Europäischen Union‹.
Im vorhergehenden Teil dieser Artikelserie wurde dargestellt, dass es im Nahen und Mittleren Osten mancherorts Neigungen zu imperialer Großraum-Politik gibt. Und es wurde dargestellt, dass es demgegenüber in Europa eine merkwürdige Hilflosigkeit und sogar Gedankennähe gibt – wenn in den Grenzziehungen nach der Niederlage des Osmanischen Reiches eine europäische ›Urschuld‹ für die heutigen Krisen in der Region behauptet wird. Man ist auf eine geradezu bizarre Weise unfähig, die Prinzipien der eigenen Staatlichkeit zu verteidigen. Das liegt daran, dass sich die tonangebenden Milieus in vielen Ländern auf einem geschichtlichen Weg wähnen, der Europa vom Nationalstaat wegführt.
von Gerd Held
Die historische Entwicklung des Nahen und Mittleren Ostens zeigt einen Wandel von imperialen Reichen zu begrenzten Nationalstaaten. Aber es gibt in der Region auch einen Irrglauben an die Wiederkehr alter großräumiger Mächte.
In der ersten Folge dieser Artikelserie wurde gezeigt, dass eine Fixierung der Politik auf eine definitive Lösung des Palästina-Konflikts den gesamten Nahen und Mittleren Osten in eine Konfrontation stürzen kann, dem die erreichten Fortschritte in dieser Region zum Opfer fallen würden. Diese Fortschritte beruhten auf einer Umorientierung: Die Länder konzentrierten sich stärker auf ihre Binnenentwicklung und ihre jeweiligen Eigeninteressen. Sie kamen zu bilateralen Absprachen und Kooperationen. Auch Israel hatte daran seinen Anteil. Aber es gibt auch fortdauernde große Probleme – vor allem ein Bevölkerungswachstum, mit dem der Aufbau von Industrie und Infrastrukturen nicht Schritt halten kann. So gibt es in der Region auch eine wachsende Neigung, auf eine Lösung ›von höherer Hand‹ zu setzen – auf die Macht von materiellen und spirituellen Hegemonen, die Schutz und Würde versprechen. Diese Neigung führt zu einer Entwertung der eigenständigen, oft zähen Binnenentwicklung im nationalstaatlichen Rahmen. Nur vor diesem Hintergrund ist verständlich, warum ein Staat wie die Türkei, der eine Zeit lang recht eng mit Israel zusammenarbeitete, inzwischen auf einem extremen Konfrontationskurs mit Israel ist.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G