Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Kollege Michael Kretschmer,
öffentliche Kritik bekommt man frei Haus, Zuspruch ist dagegen meist Fehlanzeige. Sie wissen das, ich weiß das. Deshalb schreibe ich ihnen und möchte, dass es bekannt wird.
Sie scheinen ein Grundverständnis von Politik zu besitzen, welches ohne die Kommunikation zwischen auf Zeit Regierenden und ihrem Souverän nicht auskommt. Selbst wenn der Souverän seine Beziehung zum Staat infrage oder gar einstellt, muss der Staat, das sind in dem Fall auch Sie als Ministerpräsident, die Kommunikation selbst unter erschwerten Bedingungen suchen. Geschieht das nicht, kann das Gemeinwesen einpacken. Es delegitimiert sich sozusagen selbst.
Ich freue mich, dass Sie Meinungsfreiheit, Demonstrationsrecht und Kommunikation zwischen auf Zeit Gewählten und Wahlvolk durch ihr Verhalten öffentlich bezeugen. Das machen längst nicht alle ihre Kolleginnen und Kollegen. Ob aus Angst, die Diskussion nicht bestehen zu können oder aus Überheblichkeit, wer weiß das so genau. Schlecht ist es in jedem Fall.
von Wolfgang Schütze
Thomas Kemmerich hat erneut für Aufsehen gesorgt. Nicht ganz so jedes bisherige Maß sprengend wie Anfang Februar 2020, nachdem der Spitzenmann der Thüringer FDP mit den Stimmen von AfD, CDU und seiner eigenen Fraktion überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Amtsinhaber Bodo Ramelow erbleichte, nicht nur seine linken Genossen kämpften mit den Tränen. Danach schlug eine Welle der Empörung über dem verdutzt wirkenden Liberalen zusammen; der Hass der Hassbekämpfer betraf auch seine Familie.
von Gunter Weißgerber
Der 22. September 2013 markiert einen Paradigmenwechsel in der Binnensicht der Bundesrepublik, dessen Auswirkungen uns noch sehr lange beschäftigen werden.
Was geschah an diesem Tag? Die Union fuhr mit Angela Merkel mit 41,7 Prozent einen fulminanten Wahlsieg ein und war völlig berechtigt außer Rand und Band. Auch ich, damals noch Sozialdemokrat mit Parteibuch, war zufrieden. An einer so starken Union war für die SPD schwer vorbeizukommen und Rot-Rot-Grün auf Bundesebene vorerst passe.
Die gesamte Union war an dem Abend aus dem Häuschen und einer schien es besonders zu sein. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe verband den Unions-Sieg mit der Nationalflagge – was für Merkels Vorgänger im Amt der Bundeskanzler bis dato selbstverständlich war. Zur Deutschen Einheit 1990 kam es mit mehrheitlichem Volkswillen in den Farben Schwarz-Rot-Gold – den Farben der Freiheitskriege 1813-1815, des ›Hambacher Festes‹ 1832, den Farben der 1848er März-Revolution und der Frankfurter Nationalversammlung, der ›Weimarer Republik‹, der Bundesrepublik von 1949.
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