von Ulrich Schödlbauer
Das ganze Elend des etablierten Journalismus besteht darin, dass das Internet, also ein Medium, gnadenlos seine Inkompetenz aufgedeckt hat: Jeder Augenzeuge, der seine Smartphone-Kamera hochreckt, jeder Leserbriefschreiber, taktvoll ›Kommentator‹ genannt, jeder Blogger mit ein wenig Hintergrundwissen, jeder Wikipedia-Benutzer, jeder, der auch nur fünf Minuten per Mausklick recherchiert, weiß es besser als der Berufsjournalist, der von Thema zu Thema hetzt und dazu verdammt ist, die Twitter-Ausdünstungen unbedeutender Politiker als Nachrichten wiederzugeben: das zermürbt, es zermürbt unendlich und fördert damit die bockige Verhärtung, die diese Menschen als ›Haltung‹ missverstehen, weil ihnen die Vorstellung, sie besäßen eine, kompensatorische Befriedigung verleiht.
von Wolfgang Schütze
Sehr geehrter Herr Fenske,
Sie werden sich vielleicht nicht erinnern: In einem Leserbrief, abgedruckt in der Leipziger Volkszeitung (LVZ) am 6. Oktober 1989 unter der Überschrift »Werktätige des Bezirkes fordern: Staatsfeindlichkeit nicht länger dulden« verlangte ein Kampfgruppen-Kommandeur, dessen Name mit ›Günter Lutz‹ angegeben wurde, im Namen der Hundertschaft ›Hans Geiffert‹, notfalls auch mit Waffengewalt gegen Demonstranten vorzugehen.
Zum Glück kam es nicht dazu, unter anderem deshalb, weil der friedliche Widerstand des Volkes inzwischen so mächtig geworden war, dass die noch Herrschenden kein Blutbad a la Tieanmen-Platz persönlich verantworten wollten. Dennoch gilt der Abdruck dieses Leserbriefs als Beleg für den willfährigen Gebrauch von Massenmedien in der DDR als »kollektiver Organisator, Propagandist und Agitator«, als einer der moralischen und journalistischen Tiefpunkte der LVZ.
von Boris Blaha
Als am Abend des 24. September 2017 die Wählerstimmen erst hochgerechnet und später ausgezählt worden waren, hatte die Spitzenkandidatin der Union, Frau Dr. Angela Merkel, das schlechteste CDU-Bundestagswahlergebnis seit vierundsechzig Jahren erzielt. Lediglich bei der allerersten, unter erheblich erschwerten Bedingungen stattgefundenen Wahl von 1949 war das Ergebnis noch schlechter gewesen. Das Urteil der Wähler war unmissverständlich, aber Frau Dr. Merkel wollte und konnte es nicht verstehen.
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