von Herbert Ammon
I.
Aus bekannten Gründen gibt sich innerhalb des westlichen Teils der EU kaum ein Land soviel Mühe mit Begriff und Inhalt von ›Integration‹ wie die übergrünte Bundesrepublik. Wie kommt man in Deutschland (›in diesem unserem Land‹), 30 Jahre post murum erkennbar west-östlich geschieden und von Tag zu Tag ›diverser‹ und/oder ›bunter‹, zu einer Art alle real existierenden Unterschiede (de facto Spaltungen) überwölbenden Gemeinschaftsgefühl oder – weniger gefühlvoll – zu einem politischen Bewusstsein der Zusammengehörigkeit, kurz: zu dem, was man früher ›Patriotismus‹ oder auch Nationalbewusstsein nannte? Was hält das Land oder die in der EU aufgehobene, im Vertrag von Lissabon (2007/2009) als Begriff immerhin noch explizit bestätigte ›Nation‹ außer dem – von vielerlei ungewissen Faktoren abhängigen – Wohlstand zusammen? Im Kern geht es um die Fundierung – oder Überhöhung – des Gemeinwesens durch eine säkulare Zivilreligion.
von Lutz Götze
Der Niedergang scheint unaufhaltsam. Die verheerenden Wahlergebnisse in Bremen und bei der Europawahl haben die deutsche Sozialdemokratie in eine tiefe Krise gestürzt; der Rücktritt der Parteichefin setzte dem die Krone auf.
Seither herrscht Panik im Willy-Brandt-Haus: Ein Triumvirat aus einem Politveteranen, einer kranken Ministerpräsidentin und einer bereits in Mecklenburg-Vorpommern überforderten Regierungschefin soll es interimistisch regeln, die Bundestagsfraktion hat eine Übergangsregelung für ihren Vorsitz getroffen. Das Weitere sollen ein Sonderparteitag oder eine Mitgliederbefragung bestimmen. Einige sogenannte Führungspersonen haben bereits abgewinkt, als sie auf eine Kandidatur für den Parteivorsitz angesprochen wurden. Wann hat es das jemals in der ältesten deutschen Partei gegeben: Das Amt des Vorsitzenden findet keinen Interessenten! Hat die Gnadenlosigkeit, mit der, nach gerade mal einem Jahr, die Vorsitzende Andrea Nahles aus dem Amt gemobbt wurde, so schwere Wunden geschlagen und verheerende Nachwirkungen erzeugt?
von Gunter Weißgerber
Europawahl 2019 war gestern. Der Wegfall der früheren 40-Prozentparteien CDU und SPD machte es im Verbund mit künstlichen Medienwelten möglich, dass die Grünen mit 22 Prozent plötzlich schier einsam aus der tiefen Prozentebene herauszuragen scheinen.
Sozialistisch ausgedrückt: Sozialismus ist gleich verteilte Armut. Ersetzen wir Armut durch Grün lässt sich sagen, die Vergrünung fast aller Parteien führte zur mehr grüner Wahlgerechtigkeit bei erheblicher Wahlenthaltung früherer Stammwähler mit dem Ergebnis nahezu gleich verteilter Wahlprozente von CDU, Grünen und etwas abgeschlagen von SPD und von Linksaußen.
Carsten Schneider (SPD) zeichnete am Wahlabend in der ARD für die Ausgabe der Tageslosung verantwortlich. Die lautet in etwa ›Der SPD gelang es nicht, die Wähler von sich zu überzeugen und hauptsächlich nahm die Partei die Klimapolitik nicht ernst‹. Wehe!
Gerade weil die früheren SPD-Wähler die SPD-Klimapolitik in ihrer Bedrohung ernst nahmen und weil diese Wähler die SPD in der Frage der Zuwanderung schon lange nicht mehr verstehen, genau deshalb wird die SPD nur von ganz treuen (SPD-)Zeitungsgläubigen gewählt.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G