von Raimund Rotzagel

Am Rostocker Joachim Gauck sollte man sich nicht aufranken. Wieso soll ein g`standner Uropa und passionierter Polit-Theologe seine neue Flamme nicht mit ins Schloss Bellevue mitnehmen? Passt scho. Ob sich einst Petronius so eine schöne Polit-Burlesque hätte selber ausdenken können?

Die 15. Bundesvertreterversammlung vom 18. März 2012 ist am Zug, selbstverständlich wieder »ohne Aussprache«, d.h. mit striktem, politischem Redeverbot. Entspricht und entsprach wie vorher schon der bundesdeutschen Üblichkeit gemäß Grundgesetzartikel 54.

Wieder lauter Ex-officio-Vertreter und Ex-officio-Vertreterinnen. Kein/e einzige/r dieser Wahlfrauen und Wahlmänner ist speziell für diesen Anlass in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl vom Volke gewählt worden. Die parlamentarisch prekäre und drastisch restriktive Auflage »ohne Aussprache« – in der Nachkriegszeit vielleicht noch nolens volens tolerabel – erweist sich allmählich als konstitutiver Regiefehler. Denn der identitätsstiftende, zentrale Grundgesetzartikel 20 wird durch diese hochrangig autorisierte Nichtzulassung der Artikulations-, Kritik- und Meinungsfreiheit politisch-rhetorisch arg eingeschränkt, wenn nicht gar ad absurdum geführt. Zur Bundesvertreterversammlung treffen sich nur Ex-officio-Vertreter-Vertreter und Ex-officio-Repräsentanz-Repräsentanten, die eine Person zu wählen haben, die hauptsächlich als teuerster BRD-Signier-Apparat, protokollgemäß quasi als oberster föderaler Repräsentationsfunktionär auftritt (empfängt manchmal ausländische Potentaten und nimmt an diversen Beerdigungen teil) und ist nur in seltenen Fällen, z.B. nach Art. 67, 68, 115a GG zum politischen Handeln legitimiert. Kaum ein Hauch an unmittelbarer Souveränität scheint bei diesem Anlaß unter dem obwaltenden Bedingungsgefüge noch mit von der Partie zu sein. Kurzer Erinnerungsposten: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus« (GG-Art.20, Abs.2). Statt dessen wird die unmittelbare Volkssouveränität bei dieser Gelegenheit zum soundsovielsten Mal ausgeblendet. Sehr zur Freude demokratisch wenig legitimierter Kontaktgruppen und Strippenzieher/innen mit mehr oder weniger viel Standing innerhalb der Regierungskoalition oder einer expandierten Quasi-Koalition, wie wir`s vorgeführt bekommen haben. Hochkonjunktur für Hinterzimmer-Gremien. Legal, aber keinesfalls »als besondere Organe der Gesetzgebung« deklarierbar und dergestalt eben nicht »vom Volke« ausgeübt. Immerhin haben sie es mehr oder weniger selektiv-undemokratisch aber dennoch zulässigerweise geschafft, zumindest einen de facto akzeptablen und angesehenen Bundespräsidentenkandidaten zu küren:
als I-Tüpfelchen auf dieser wenig nachahmenswerten, burlesquen Polit-Casting-Show. Im Volke müsste es aber viele akzeptable, angesehene, zur Bundespräsidentschaft geeignete deutsche Staatsbürger/innen geben. Mit dieser systemoligarchisch usuellen und exklusiv hauptstadtlimitierten Hinterzimmergremien-Methode sind sie jedoch nicht herauspräparierbar.

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