von Herbert Ammon
I.
Hätte Kevin Kühnert nicht aus jungsozialistischer Überzeugung die Eigentumsfrage gestellt, den Kapitalismus als solchen als Grundübel der Gesellschaft benannt, der 1. Mai 2019 wäre ohne jegliche Aufregung verlaufen. Gegenüber Kühnerts Proklamationen verloren die Berliner Traditionsveranstaltungen – Klassenkämpfe im Teilbezirk Friedrichshain mit nur etwa 35 verletzten Polizisten, dazu ein fröhlicher Marsch auf die bourgeoise Hochburg Grunewald – an medialem Stellenwert.
von Lutz Götze
Das Phänomen ist nicht neu. Öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten haben sich dem seichten Dünnbrettbohren der Privaten angepasst, ›Qualitätszeitungen‹ versuchen ihr Überleben durch Übernahme von Inhalten und, gelegentlich, falschen Nachrichten der Regenbogenpresse zu sichern. Die weltweite Verbreitung der asozialen Netze Facebook und Twitter hat das Geschwätz hoffähig gemacht und Verstand und Vernunft aus dem Gespräch der Menschen vertrieben. Daran hat sich die Mehrheit der Bevölkerung in wachsendem Maße gewöhnt, genauer: Sie selbst forciert diesen Verfall. Nicht einmal die Ankündigung von Facebook und Apple, demnächst weltweit die Verbreitung aller Nachrichten zu übernehmen, schreckt sie auf.
Das Ziel der Sammlungsbewegung Aufstehen war und ist, dazu beizutragen, die unselige Spaltung der linken Bewegungen und Parteien zu überwinden, um endlich sozialen, friedenspolitischen und ökologischen Zielen eine machtpolitische Realisierungschance zu verschaffen. Diese Notwendigkeit, die linken Kräfte zu bündeln und nicht weiter zu spalten, besteht seit über 100 Jahren – bis heute. Das überraschend große Echo, das die Gründung von Aufstehen in der deutschen Öffentlichkeit gefunden hat, hat hierin seine Ursache und begründete die Hoffnungen von 170 000 Menschen, die sich für diesen Versuch einer neuen linken Bewegung interessierten. Das war eine große Verpflichtung für alle Beteiligten. – Erklärung von Achim Hagemann, Antje Vollmer, Frank Havemann, Hendrik Auhagen, Ingo Schulze, Ludger Volmer, Marco Bülow, Michael Brie, Peter Brandt, Sabrina Hofmann und Wolfgang Zarnack zur Situation von Aufstehen.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G