von Heinz Theisen
Internationalisten – Globalisten – Realisten
Unsere Urteile über den Krieg in der Ukraine hängen von unseren weltanschaulichen Vorannahmen ab. Deren Bewusstwerdung wäre eine Schritt zu einem offenen Diskurs – jenseits von Gut und Böse. Dabei träfen zwei Theorien aufeinander, die seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder von neuem zusammenprallen.
Der so genannte ›Liberale Internationalismus‹ befürwortet die maximale Ausweitung der Demokratie. Dies fördere auch die wirtschaftliche Entwicklung und zudem den Frieden in der Welt. Demokratien würden keine Angriffskriege führen, eine Annahme, die allerdings von den USA häufiger widerlegt worden ist.
von Heinz Theisen
Der große Realitätsverlust. Das Märchen von der ›Einen-Menschheit‹
Wie Marxisten einst Freiheit und Gleichheit so wollen die neuen Aufgewachten Diversität und Freiheit auf einer höheren Ebene aufheben - im bunten Regenbogen. In ihm leuchten alle Farben gleichwertig, wobei dunkle Farben und damit Leid und Böses nicht vorkommen. Dementsprechend genießen Grenzen und Gegenwehr keinen Stellenwert.
Statt richtig und falsch gibt es nur noch Gut und Böse. Statt Differenzierung herrscht Moralisierung. Das Böse findet sich nur bei denen, die dieser bunten Welt Skepsis entgegenbringen und an die dunklen Farben und die Notwendigkeit der Selbstbehauptung ihnen gegenüber erinnern.
Sie werden aus dem Diskurs und zunehmend aus Ämtern verjagt. Der längst ideologisierte Moralismus stellt sich keinem Zweifel. Er gilt sowohl absolut als auch global. Sein utopischer Optimismus über die Natur von Welt und Mensch setzt eine heile Welt der Lieferketten voraus, ein allseitiges Win-win, in dem Vorteilsnahmen, Korruption oder Krieg nicht vorkommen.
von Heinz Theisen
Einen Endsieg der Ukraine mögen wir uns im Herzen wünschen, aber mit dem Verstand können wir ihn nicht wollen. Russland ist die zweitstärkste Atommacht der Welt und je erbärmlicher und erfolgloser die konventionelle russische Kriegsführung wütet, desto größer wird die Gefahr taktischer Atomschläge. Eine Kapitulation Russlands ist aus der Perspektive der Selbstbehauptung der russischen Führung kaum denkbar.
Andere Gefahren sind ausbleibende Weizenlieferungen nach Afrika und der wirtschaftliche Niedergang Europas. Die dauerhafte Kappung aller Verbindungen zwischen Russland und Europa, wie sie in den Wirtschaftssanktionen auf den Weg gebracht wurden, steht dem Aufbau einer multipolaren Weltordnung entgegen. Sie droht sowohl Russland als auch Europa zu Anhängseln einer bipolaren Ordnung zwischen China und den USA zu machen oder einem Zeitalter endloser Nullsummenspiele den Weg zu bereiten.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G