Ulrich Horb, Jahrgang 1955, lebt und arbeitet als Journalist und Autor in Berlin. Veröffentlichungen in Gewerkschaftszeitschriften, pädagogischen Zeitschriften und Stadtmagazinen, verantwortlicher Redakteur der »Berliner Stimme«.
In der in den Jahren 2009 – 2018 geführten Rubrik »Debatte« standen Meinungsäußerungen und Diskussionsbeiträge mit aktuellem Bezug im Vordergrund, insbesondere zu Fragen sozialer Gerechtigkeit und staatlicher Verantwortung, Analysen der wirtschaftlichen sowie ökologischen Situation und deren politische Handhabung, Beiträge zur Problematik des solidarischen Zusammenhalts des Gemeinwesens und seiner Integration, zur Entwicklung von Bürgerrechten und zur internationalen Rolle der Bundesrepublik Deutschland, namentlich im europäischen Einigungsprozess.
von Siegfried Heimann
Am 25. September 2017 ist Helga Grebing gestorben. In den Nachrufen wird immer wieder – und zu Recht – ihre Bedeutung als Wissenschaftlerin und als einflussreiche Sozialdemokratin gewürdigt. Sie war seit Februar 1972 „ordentliche Professorin für die Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“ in Göttingen – die „erste Ordinaria der Philosophischen Fakultät“ überhaupt. Von 1988 bis zu ihrer Emeritierung im Jahre 1995 leitete sie als Direktorin das „Institut zur Erforschung der europäischen Arbeiterbewegung" in Bochum. Die Zahl ihrer Bücher, Aufsätze und Rezensionen sprengt jede Literaturliste. Sie war und ist die wichtigste Historikerin der Geschichte der deutschen und europäischen Arbeiterbewegung. Als Mitglied der Grundwertekommission und der Historischen Kommission beim Parteivorstand der SPD stritt sie dafür, dass die Partei ihre Geschichte nicht vergaß. Weniger bekannt und weniger gewürdigt ist die Tatsache, dass Helga Grebing zeit ihres Lebens mit ihrer Arbeit auch ihre eigene Biographie zum Thema machte.
von Karl-Heinz Niedermeyer
Muammar al-Gaddafi ist – so ist der allgemeine Eindruck – Geschichte und sicher bald vergessen. Wir haben es zwar in den gegenwärtigen Weltkrisen noch mit einigen Hinterlassenschaften seiner langjährigen Willkürherrschaft und einigen Kollateralschäden ihrer Beseitigung durch die NATO-Intervention im Jahre 2011 zu tun. Zu ihnen gehören die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft in Gestalt des UN-Sicherheitsrats, den Bürgerkrieg mit hunderttausenden von Gefolterten, Ermordeten und in Kriegshandlungen Umgekommenen und Millionen von Geflüchteten in Syrien zu beenden und die Destabilisierung einer Reihe von zentralafrikanischen Ländern durch Söldner im Dienste Gaddafis und Waffen aus seinen Arsenalen. Deutschland ist davon vor allem durch den derzeit gefährlichsten Auslandseinsatz eines Bundeswehrkontingents in Mali betroffen. Unmittelbaren Einfluss auf die deutsche Politik bis auf das Ergebnis der jüngsten Bundestagswahl haben die Fluchtbewegungen aus Syrien und über das Einfallstor Libyen, das nach dem Regime-Change und der Beseitigung Gaddafis von vier konkurrierenden Regierungen und hunderten von Milizenherrschaften zerrissen wird.
von Peter Brandt
Der 1875 in eine sechsköpfige Arbeiterfamilie hineingeborene Paul Löbe wirkt mit seiner Mischung aus tiefer demokratisch-sozialistischer Grundüberzeugung, Organisationspatriotismus und pragmatischem politischen Handeln wie die Inkarnation der Funktionärsschicht der klassischen Sozialdemokratie. Es bleibe dabei nicht unerwähnt, dass es nach 1945 in der SPD Vorbehalte gegen ihn gab, weil er im Frühjahr 1933 zusammen mit den anderen Mitgliedern des Inlands-Parteivorstands – ein Teil war schon nach Prag ausgewichen – bemüht gewesen war, den Faden der Legalität bis zum endgültigen Verbot der SPD weiterzuspinnen – in der Hoffnung auf ein halblegales Überwintern in der Diktatur. Dieser illusorische Versuch, orientiert an der Erfahrung des Bismarck’schen Sozialistengesetzes der Jahre 1878 bis 1890, bewahrte Löbe nicht davor, im „Dritten Reich“ zweimal in KZ-Haft zu gelangen. Wie alle sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten hatte er an dem Diktatur-Ermächtigungsgesetz die Zustimmung verweigert.
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