von Gunter Weißgerber
Am 8. Februar 2020 betrat die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland zentralistisches Neuland. Und mit ihr taten das Union und SPD.
Über 25 Jahre lang seit 1990 wurden den SPD-PDS-Kritikern innerhalb der SPD die hehren föderalen Grundsätze der Bundesrepublik vorgehalten: – Landesregierungen dürfen durch die Bundeseben nicht zum Rücktritt aufgefordert werden. Die Strafandrohung gemäß Paragraph 106 StGB liegt bei bis zu 5 Jahren. - Bundesparteien haben keine Durchgriffsrechte in ihre Landesparteigliederungen.
Im Ergebnis fielen mit Sachsen-Anhalt beginnend viele SPD-Landesverbände um und kooperierten einträchtig mit den Erben Ulbrichts und Honeckers, die sich bis heute auf Gewährsleute des ehemaligen MfS stützen.
Was bis zum 8. Februar für den Umgang mit der Partei ›Die Linke‹ galt, nämlich die Akzeptanz der föderalen Regeln der Bundesrepublik, gilt nun im Umgang mit der AfD nicht mehr. Die Bundeskanzlerin und mit ihr die Große Koalition verletzten das föderale Gefüge der Bundesrepublik empfindlich.
von Herbert Ammon
I.
Was sich seit dem 5. 2. 2020 in Thüringen abspielt, ist ein Lehrstück in demokratischer Theorie und Praxis. Was immer man vom demos und seiner Befähigung zur Herrschaft (kratía) halten mag – bitte sehr: wir sind hier nicht in der der Aufführung eines Stückes von Aristophanes –, der Theorie (und dem Grundgesetz nach) beruht unsere politische Ordnung auf dem Prinzip der Volkssouveränität. Etwas anders ausgedrückt: Das Volk (Wer ist das Volk? ›Wir sind das Volk!‹ Wer ist Wir? We, the people!? Das Deutsche Volk gemäß Präambel des GG?) übt seine Macht (krátos) aus, indem es über sich selbst herrscht. Den theoretischen Zirkel durchbrechen allein die Staatstheoretiker oder eben – gemäß marxistischer Theorie – die real Herrschenden.
In der DDR war das theoretische Problem, ehe sie vor dreißig Jahren an einer – von den Sowjets (=Rätedemokraten) unter Gorbatschow erlaubten – Volkserhebung zugrunde ging, in der Praxis vorbildlich gelöst: Es herrschte die Partei als Vorhut des werktätigen Volkes. Ein paar Sitze in der Volkskammer und Posten auf Bezirksebene bekamen auch die anderen Parteien ab, von der CDU bis hin zur NDPD. Damit war die Einheit von Volk und Staat verwirklicht und garantiert. In den Anfangsjahren des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden gebrauchten seine Theoretiker auch den Begriff ›Volksdemokratie‹.
von Ulrich Schödlbauer
»Angenommen…« – »Ja?« wirft B ein, es klingt wie eine Drohung, aber das bleibt eine bloße Annahme –, »angenommen, ich nehme die Wahl an, nehmen die anderen dann an, dass ich gewählt bin oder fallen sie über mich her, weil sie annehmen, dass ich die Verweigerung verweigert habe und sie einer solchen Verweigerung die Zustimmung verweigern müssten, vulgo: sie nicht dulden wollen? Bin ich also angenommen? Falls ja: werde ich angenommen als einer, der annahm, dass er annehmen dürfe, was anzunehmen ihm angetragen wurde, nachdem er einmal bekundet hat, dass er annehme, anzunehmen sei die Pflicht des Gewählten, zumindest dann, wenn unter der Annahme gewählt wurde, dass er annehmen werde, weil er die Annahme im voraus zugesichert hat?
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