von Wolfgang Schütze
Ist nun alles wieder gut im Freistaat? Auf den ersten Blick schon. Der überschäumende Empörungssturm, der im Februar in Medien und vor der Staatskanzlei in Erfurt tobte, hat sich gelegt. Die Bundeskanzlerin, die im fernen Südafrika die Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen von CDU und auch AfD unverzeihlich fand, bekam schnell ihren Willen: Binnen eines Monats ward der demokratisch zustande gekommene, aber politisch missliebige Entscheid im Landtag rückgängig gemacht. Der vorher attestierte Damm-, Tabu- und gar Zivilisationsbruch hat im Freistaat doch nicht zur Machtergreifung der Faschisten geführt, Erfurt steht noch und der kurz abgewählte evangelische Linke Bodo Ramelow sitzt nunmehr wieder auf seinem Stuhl. Gott sei Dank, freuen sich sogar drei katholische Bischöfe, doch der Anteil irdisch-Wankelmütiger dürfte diesmal größer sein.
von André Soudah
Die Flüchtlings- und Migrationsbewegungen von 2015 wirken bis heute auf die Menschen in Europa. Vor allem die Angst eines Kontrollverlustes des Staates sitzt tief; insbesondere in Deutschland.
Weiterhin hat keine Regierung – insbesondere in Mittel- und Nordeuropa – ein Mandat von ihren Wählern bekommen, Menschen, die ein besseres Leben führen wollen, aufzunehmen. Das wissen auch die Länder in Südosteuropa. Dass das Migrations- und Flüchtlingsthema aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwand, ist auch dem Umstand zu verdanken, dass Deutschland und Europa zweifelhafte Vereinbarungen mit teils zweifelhaften Regierungen im Nebel des Syrienkonfliktes eingegangen sind. Dafür wurde im wahrsten Sinne des Wortes ein hoher Preis gezahlt. In Form von Geld, Menschenleben und, dass wird oft vergessen, um den Preis der Erpressbarkeit. Der Syrienkonflikt ist weitestgehend befriedet, der Preis wird weiterhin bezahlt.
Wer sich in Deutschland für aufgeklärt, demokratisch und moralisch hält, empört sich über den amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Durch seinen jüngsten Auftritt beim Weltwirtschaftsforum in Davos, wo er, ohne Rücksicht auf Greta und die Zukunft des Planeten, des Eigenlobs voll die USA als unvergleichliches Zukunftsmodell pries, sah man sich in seiner Aversion bestätigt. Man weiß sich einig mit allen progressiven Amerikanern, die den ›Rüpel‹ im Weißen Haus verachten, ja hassen, und mit einer Mischung aus Resignation und Wut erfahren mussten, dass die Demokraten mit dem von ihnen angestrengten Impeachment im Senat nicht durchgekommen sind. Wir befinden uns im Wahljahr 2020, und noch deutet manches auf einen neuerlichen Wahlsieg des Mannes hin, der vor vier Jahren gegen alle Prognosen – wenngleich dank Mehrheit in den Bundesstaaten, nicht in absoluten Zahlen aller Wählerstimmen – über Hillary Clinton und das Establishment triumphierte. Nun setzen viele Trump-Verächter alle Hoffnung auf den zu den Demokraten gewechselten Multimilliardär Michael Bloomberg. Selbst diejenigen, die sich sonst nur über die bibelfrommen Evangelicals mokieren, sind beglückt, dass sich unlängst der Herausgeber der maßgeblichen konservativen Zeitschrift Christianity Today gegen Trump ausgesprochen hat.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G