von Ulrich Schödlbauer
Wir wissen nicht, wer Uschi, Horst und Babs sind, ihre Spur verliert sich im Dunkel der Geschichte, aber ihr Blumenkübel ist geblieben. Man muss das festhalten (oder erinnern, wie der entsprechende Ausdruck lautet), damit es nicht eines Tages heißt, es habe sie nie gegeben und in Wahrheit hätten Eliza, Bob und Hilary der Welt den Kübel geschenkt… Die Wahrheit ist: Uschi, Horst und Babs sind ewig, weil sie allgegenwärtig sind. Dass sie überdies wahr sind, wie der Künstler lehrt, liegt weniger an Wladimir Iljitsch Lenin, dem die Welt das Original verdankt: Die Lehre von Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist – natürlich ohne Hinweis auf unser Dreigestirn –, als vielmehr an ihrem Wesenskern. In ihm sind Bekennen und Wissen eins. Das Bekennen kommt vor dem Wissen und bringt es praktisch hervor. Man nennt das seit Kant den Primat der Praxis. Leider vergaß der Königsberger hinzuzusetzen, dass es die revolutionäre Praxis ist, die das Wissen um die wahren Weltverhältnisse hervorbringt. Aber das versteht sich – seit Lenin – praktisch von selbst.
von Ulrich Schödlbauer
Das Risiko unterzugehen wächst im Quadrat einer Erfahrung, die sich in die Worte fassen lässt: Hoppla, wir schwimmen ja! Der Glaube an sich selbst (und seine Sendung) treibt den Menschen hinaus, aber er fühlt sich nicht als Getriebener, sondern als Gestalter. Ein herrliches Gefühl, wenn man mich fragt, aber ein trügerisches. Das macht sich im Unglauben bemerkbar, der still und heimlich an der Wurzel des Glaubens nagt und ihn in immer größere Höhen klettern lässt, während er zäh seinen Fall betreibt. Man kann das gut an den öffentlich-unredlichen Investoren in die Meinungsvielfalt beobachten, deren Gesinnungsstärke stark vom Gewicht der Institutionen abhängt, die sie beherbergen. Im Rudel glaubt es sich besser. Andererseits kennt das Rudel sich selbst genau und weiß, wie wenig es bedeutet, was die Kollegin gerade ihren Zuhörern auftischt, und was dabei alles unter den Tisch fällt.
von Steffen Dietzsch
Sowjetrussland war für Weltverbesserer aller Couleur immer schon ein Sehnsuchtsort, auch ein, wenn es ›daheim‹ zum Äußersten kommen sollte, Fluchtziel und perspektivreiche Basis fürs letzte-Gefecht. – Das parlamentarische Ende der ›Weimarer Republik‹ schien ein diesbezügliches historisches Zeichen zu sein. Gleich nach dem Reichstagsbrand 1933 erlebte Deutschland insgesamt einen intellektuellen Exodus. Auch Schriftsteller, Essayisten und Kulturpolitiker des der KPD nahestehenden Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (gegr. 1928) verließen das Land. Viele kamen schließlich auf den unterschiedlichsten Wegen des Exils auch nach Moskau. Ihre Erwartungen waren, zumal wenn sie das Land bloß als Polittouristen kannten, weit gespannt – ebenso wie ihre anschließenden grotesken und schrecklichen Erfahrungen. Sie waren auf verschiedene Weise, aber immer politisch, resistent gegen alle kontraintuitiven Lebens- u. Leidenserfahrungen in jenem Land, in-dem-das-Morgen-schon-Geschichte-ist (Julius Fučik, 1931); auch tragische Lebensschicksale von aktivistischen Russlandfahrern aus ihrem engsten Genossenkreis (wie z.B. das des frühen Sowjetbeamten Karl Albrecht *1897, seit 1924 in Moskau, stellv. Volkskommissar, 1932 inhaftiert, Todesurteil, 1934 ausgewiesen) blieben als ›Einzelfälle‹ oder als ›Irrtümer‹ außerhalb ihrer – eben politischen – Urteilskraft.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G