von Herbert Ammon
Im Rahmen politischer Bildung der Bundesrepublik, maßgeblich vermittelt durch Nachfahren der Generation der ›Achtundsechziger‹, nimmt das Jahr 1968 in der Nachkriegsgeschichte geradezu mythischen Rang ein. Erst durch die Studentenrebellion sei das ›kollektive Beschweigen‹ (Hermann Lübbe) der NS-Verbrechen in der (west-)deutschen Nachkriegsgesellschaft durchbrochen, die autoritären Strukturen in Staat und Gesellschaft beseitigt und der Weg zu einer tiefgreifenden Demokratisierung des Landes freigeräumt worden. Dank ›1968‹ sei es zu einer ›Neugründung‹ oder ›Zweitgründung‹ der Demokratie in Deutschland gekommen.
Es handelt sich um die historische Selbstwahrnehmung der westdeutschen Bildungseliten. In deren Sicht der Dinge rückt das ›andere 1968‹, die als ›Prager Frühling‹ bekannte Reformbewegung in der Tschechoslowakei – mit Ausstrahlung auf den gesamten Ostblock, nicht zuletzt auf die DDR –, kaum in den Blick. Vielleicht erinnert man sich noch an Alexander Dubček, aber Namen wie Josef Smrkovský, Ždenek Mlynář, Jiří Hájek oder Ota Šik sind in heutigen Diskursen nahezu unbekannt.
von Felicitas Söhner
Nils Hansson, renommierter Medizinhistoriker mit Schwerpunkt im Bereich ›Anerkennung in den Wissenschaften‹, nimmt in seinem neuesten Werk Wie man keinen Nobelpreis gewinnt den Nobelpreis als Maßstab für Exzellenz und Elite in der Medizin unter die Lupe.
von Helmut Roewer
Mit diesen Betrachtungen zum Krisenjahr 1923, wende ich mich der Kampfform der Beeinflussung zu. Nach all den Misserfolgen, welche die sowjetrussischen Umstürzler im Laufe der Jahre hinzunehmen hatten, mussten nun die Schriftsteller an die Front. Sie hatten beträchtlichen Erfolg. Der Schriftsteller, um den es im Folgenden als dem erfolgreichsten unter den Beeinflussern gehen soll, ist der Literaten-Star Maxim Gorki. Er war, um in einem sowjettypischen Bild zu schwelgen, ohne es zu wollen, Hammer und Amboss zugleich.
Eins: Auf dem Wege zur Sonne – der Wanderer Maxim Gorki
Bevor aus dem Mann der weltbekannte Maxim Gorki wurde, hieß er Alexej Maximowitsch Peschkow. Er kam 1868 in Nishnij Nowgorod – das liegt rund 450 km östlich von Moskau – als armer Leute Kind zur Welt. Frühzeitig verwaist und ohne nennenswerte Schulbildung vagabundierte er in Russland umher. Kurz vor der Jahrhundertwende gelang es ihm, eine erste Erzählung zu veröffentlichen. Zu der Zeit hatte er einen Posten als Journalist bei einer Lokalzeitung in Samara inne. Das befand sich nicht gerade im Zentrum Russlands, sondern rund 700 km Wolga-abwärts von seinem Geburtsort entfernt. Nun ja, die Wolga ist lang, und, wie der Russe so sagt, der Zar ist weit.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G