von Felicitas Söhner
»Solange die Hasen keine Historiker haben, wird die Geschichte von den Jägern erzählt« – damit verwies der Historiker Howard Zinn auf Sinn und Wert, in der Geschichtsschreibung auch die Perspektive wenig beachteter Gruppen einzufangen. Deren Geschichte des Alltags versteht die Historikerin Dorothee Wierling als »Geschichte einer spezifischen sozialen Erfahrung und einer subjektiven Perspektive« (216).
Ausgehend davon, dass das Wissen über die DDR in der breiten Bevölkerung eher gering ist und auch eine Generation nach der deutschen Wiedervereinigung noch immer getrennte Erinnerungskulturen in Ost- und West-Deutschland bestehen, untersuchten die Historikerinnen Agnès Arp und Élisa Goudin-Steinmann, wie die DDR als Gesellschaft im Leben der Ostdeutschen bis heute nachwirkt. Arp leitet seit Oktober 2021 die Oral-History-Forschungsstelle mit dem Fokus auf die Geschichte der DDR und der Transformation an der Universität Erfurt. Goudin-Steinmann ist Dozentin für zeitgenössiche Geschichte und deutsche Studien an der Sorbonne-Nouvelle-Paris 3.
von Herbert Ammon
Im Rahmen politischer Bildung der Bundesrepublik, maßgeblich vermittelt durch Nachfahren der Generation der ›Achtundsechziger‹, nimmt das Jahr 1968 in der Nachkriegsgeschichte geradezu mythischen Rang ein. Erst durch die Studentenrebellion sei das ›kollektive Beschweigen‹ (Hermann Lübbe) der NS-Verbrechen in der (west-)deutschen Nachkriegsgesellschaft durchbrochen, die autoritären Strukturen in Staat und Gesellschaft beseitigt und der Weg zu einer tiefgreifenden Demokratisierung des Landes freigeräumt worden. Dank ›1968‹ sei es zu einer ›Neugründung‹ oder ›Zweitgründung‹ der Demokratie in Deutschland gekommen.
Es handelt sich um die historische Selbstwahrnehmung der westdeutschen Bildungseliten. In deren Sicht der Dinge rückt das ›andere 1968‹, die als ›Prager Frühling‹ bekannte Reformbewegung in der Tschechoslowakei – mit Ausstrahlung auf den gesamten Ostblock, nicht zuletzt auf die DDR –, kaum in den Blick. Vielleicht erinnert man sich noch an Alexander Dubček, aber Namen wie Josef Smrkovský, Ždenek Mlynář, Jiří Hájek oder Ota Šik sind in heutigen Diskursen nahezu unbekannt.
von Felicitas Söhner
Nils Hansson, renommierter Medizinhistoriker mit Schwerpunkt im Bereich ›Anerkennung in den Wissenschaften‹, nimmt in seinem neuesten Werk Wie man keinen Nobelpreis gewinnt den Nobelpreis als Maßstab für Exzellenz und Elite in der Medizin unter die Lupe.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G