von Patrick Pritscha
Politischer Wandel
Seit den Parlamentswahlen im April 2010 befindet sich Ungarn in einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbruch. Das ›national-konservative‹ Wahlbündnis Fidesz-KDNP gewann mit insgesamt 67,88% eine Zweidrittelmehrheit und damit die Möglichkeit zur Verfassungsänderung (www.valasztas.hu/en/parval2010/298/298_0_index.html, 9.5.2011). Zusammen mit der ›rechtsradikalen‹ (zur Begriffsproblematik vgl. Wippermann 2009:284) Jobbik-Partei, welche 12,18% erreichte, sind 80% der Parlamentarier einer politischen Richtung zuzuordnen, die im deutschen Sprachgebrauch vorsichtig als ›rechts‹ oder ›rechtspopulistisch‹ eingestuft wird.
von Christoph Jünke und Daniel Kreutz
I. Die ungebrochene Hegemonie des Neoliberalismus
Die andauernde ökologische Krise, der seit 2001 seine unerbittlich mörderische Logik entfaltende ›Krieg gegen den Terror‹ wie auch die 2008 mit Wucht offen ausbrechende Wirtschafts- und Finanzkrise haben wenig geändert an jenem grundsätzlichen Befund, den Boris Kagarlitzki (1999, S.4) bereits vor zwölf Jahren in die Lenin paraphrasierenden Wort fasste, dass »trotz der offensichtlichen Krise die da oben keine Veränderung wollen und die darunter keine durchzusetzen vermögen«.
von Ulrich Schödlbauer
Joschka Fischers gespieltes Entsetzen über die deutsche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat hat die Koordinaten der deutschen Politik nicht verschoben – oder, in seinem Sinn: zurechtgerückt –, es hat ihr auch nicht die Debatte beschert, die ohnehin kommen musste und zum Zeitpunkt seiner Intervention schon im Gange war. Eher hat es der von ihm beklagten Prinzipienlosigkeit eine Nuance hinzugefügt. In einer Idealsituation für seine Partei – die Regierung fast gleichzeitig durch eine banale Plagiatsaffäre und durch eine gewaltige Naturkatastrophe mit heiklen Folgen für die Atomindustrie in den Augen der Öffentlichkeit vorgeführt, die eigenen Werte durch diesen Informations-Tsunami in unvorstellbarem Maße nach oben gedrückt –, in einer solchen Situation mit ansehen zu müssen, wie ihre Wortführer den publizistischen Wind der Libyen-Krise verschenken, das war das eigentlich Unfassbare für ein Darstellungstalent, das, vom unseligen Guttenberg einmal abgesehen, in der deutschen Politik keinen Nachfolger gefunden hat und deshalb von vielen noch immer schmerzlich vermisst wird. Nicht als Gestalter, als Vertreter des politischen Showbusiness hat der Ex-Außenminister das Wort ergriffen. Jenes gemurmelte »Und die Regierung hat doch recht« der grünen Amtsinhaber, vorneweg Frau Künast, mag Folgen haben oder auch nicht, es hat ihn wieder ins Gespräch gebracht und manchem scheint das Folge genug zu sein.
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