von Jörg Büsching
1.
Angestoßen von den Fortschritten in der Informationstechnologie und befeuert von den deregulierten Kapitalmärkten hat die Weltwirtschaft seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine Dynamik entfaltet, die selbst die kühnsten Erwartungen übertroffen hat. Die damaligen Protagonisten in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik fühlten sich gar berechtigt, die Heraufkunft eines neuen Zeitalters zu konstatieren, in dem viele der Gegensätze, die sich zuvor ganz handfest als weltgeschichtlicher Antagonismus manifestiert hatten, einfach in Luft aufzulösen schienen. Tatsächlich gelang es in den Entwicklungs- und Schwellenländern Asiens, Hunderte von Millionen Menschen aus der Falle von Armut, Hunger und mangelnder Bildung zu befreien.
von Christoph Jünke
Gefragt nach den politischen Offensivmethoden der aufkommenden Jugendrevolte seiner Zeit, nach chinesischer Kulturrevolution und lateinamerikanischem Guerillakampf, antwortete der alte Georg Lukács Ende 1966 kritisch, dass man sich darüber im Klaren sein müsse, »dass wir heute in der Erweckung des subjektiven Faktors nicht die zwanziger Jahre erneuern und fortsetzen können, sondern dass wir auf der Grundlage eines neuen Anfangs mit allen Erfahrungen zu beginnen haben, die wir aus der bisherigen Arbeiterbewegung und aus dem Marxismus haben. Wir müssen uns klar darüber sein, dass wir es mit einem Neuanfang zu tun haben, oder – wenn ich eine Analogie gebrauchen würde – dass wir jetzt nicht in den zwanziger Jahren des 20.Jahrhunderts stehen, sondern in einem bestimmten Sinn am Anfang des 19. Jahrhunderts« (Gespräche mit Georg Lukács, Reinbek bei Hamburg 1967, S.48).
von Christoph Jünke
Zu den erfrischenden Momenten in unserer Zeit der politischen und intellektuellen Einöde gehören jene, in denen die Medienindustrie meint, vermeintliche Minderheitenmeinungen zu Wort kommen lassen zu müssen. Ein solcher Moment schlug im Mai des letzten Jahres, als die Polit-Illustrierte Stern einen ihrer bewährten Zeitgeist-Autoren nach London sandte, um den altehrwürdigen Eric Hobsbawm zur Krise des Kapitalismus zu befragen.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G