Der Ukrainekrieg – eine Dissidentensicht
von Max Ludwig
Der Globkult-Autor Helmut Roewer hat dieser Tage eine originelle Kombination aus essayistischer Analyse und Tagebuch vorgelegt – zum seit nunmehr bereits über 900 Tage währenden Ukraine-Krieg. Das Buch besteht aus einem längeren Aufsatz zu den historischen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Ursachen des Krieges, seiner unmittelbaren Vorgeschichte, seinem Verlauf und seinen Konsequenzen auf knapp siebzig Seiten. Dann folgen 250 Seiten des öffentlichen, im Netz geführten Tagebuchs des Autors, der sich manchmal täglich, dann wieder sporadisch zu den Ereignissen im Osten Europas äußert. Gemeinsam haben beide Teile den lässig-polemischen, oftmals amüsierten Duktus, der gewissermaßen cool und distanziert über den euphorisch-angstbesetzten ambivalenten Geisteszustand des westlichen Kollektivs schreibt, wobei manchmal etwas Wehmut über den Zustand des Landes durchschimmert, dem der Autor als junger Mensch als Soldat und dann später als verbeamteter Jurist und Inlandsgeheimdienstler auf Landesebene gedient hat.
von Peter Brandt
Das Grundgesetz im Licht der deutschen Demokratie- und Verfassungsgeschichte
Die SPD unter der energischen Führung Kurt Schumachers stand in der Tradition des deutschen Einheitsstaats, während die Mehrheit der CDU (und allemal der CSU) für eine deutliche Stärkung der Länder im Vergleich zur Weimarer Verfassung eintrat, was auch ein Anliegen der westalliierten Militärregierungen war. Am Ende drohte Schumacher sogar mit Ablehnung des Grundgesetzes durch die Sozialdemokratie, wenn nicht die Finanzhoheit des Bundes gesichert würde, was dann geschah. Der am Ende moderate Föderalismus – verglichen mit der Schweiz oder den USA – schien hinnehmbar. Ferner verzichtete die SPD darauf, wie es in etlichen Länderverfassungen ansatzweise geschehen war, einen Auftrag zur demokratisch-sozialistischen Gesellschaftsveränderung in das Grundgesetz zu schreiben, während die liberal-konservativen Parteien davon absahen, eine solche Möglichkeit im Grundgesetz auszuschließen. Bis in die späten 1950er Jahre hofften die Sozialdemokraten, und das war damals keineswegs abwegig, auf kurzfristig veränderte Mehrheitsverhältnisse in gesamtdeutschen Wahlen mit dann neuer Verfassungsgebung und mit der Möglichkeit, ihr Programm unter diesen Umständen zu realisieren. – Nach wie vor ist übrigens das Grundgesetz in der Frage der Wirtschaftsverfassung nicht auf den Vorrang privatwirtschaftlicher Eigentumsformen festgelegt.
von Peter Brandt
Das Grundgesetz im Licht der deutschen Demokratie- und Verfassungsgeschichte
Die Weimarer Verfassung vom 11. August 1919, entworfen von dem linksliberalen Staatsrechtler Hugo Preuß, galt zu Recht als eine der fortschrittlichsten der damaligen Zeit, auch wenn große Teile der Arbeiterschaft weitergehende Ziele verfolgten. Dabei sind neben der definitiven Abschaffung der Monarchie und der jetzt eindeutig parlamentsabhängigen Regierung das nun proportionale, auf Männer auch unter 25 Jahren und Frauen ausgedehnte Wahlrecht für alle staatlichen Vertretungskörperschaften, zudem die (wegen hoher Hürden in der Praxis weniger relevante) Möglichkeit direkter Volksgesetzgebung durch Plebiszit und auch die Stärkung der unitarischen Komponente im Staatsaufbau gegenüber der föderalen zu nennen. Problematisch, wie sich dann vor allem in der Endphase der Republik zeigte, war die starke Stellung des volksgewählten Reichspräsidenten, der Teil der Exekutive war, mit seinem Notverordnungsrecht.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G