von Peter Brandt
Wenn man die fast schon penetrante Fülle und Intensität von Veröffentlichungen zur 40. Wiederkehr von 1968 in den Medien auf sich wirken lässt, könnte man meinen, hier würde eines der wichtigsten Ereignisse der jüngeren deutschen Geschichte überhaupt gedacht, kurz hinter denen des ›Dritten Reiches‹. Doch weder die Demokratie noch die politische Linke und auch nicht die gesamtgesellschaftliche Modernisierung im nachfaschistischen Westdeutschland hatten um 1968 ihren Ausgang. Übrigens ebenso wenig, wie von konservativen Kritikern beklagt, Individualisierung und Wertewandel (oder wie man dort sagt: Werteverfall), Massenzuwanderung, Internationalisierung und Multikulturalität. Und doch sind sich Beteiligte und zeitgenössische Gegner, Publizisten und Fachwissenschaftler einig, dass ›1968 ‹ mental einen tiefen Traditionsbruch markiert, für den – nebenbei bemerkt – zehn Jahre danach, in den späten 70ern, noch das Jahr 1967 als Bezugspunkt diente.
von Peter Brandt
Natürlich bedeutete das katastrophische Ende des Krieges im Frühjahr 1945, das zugleich die Befreiung von der NS-Diktatur brachte, keine »Stunde Null« im buchstäblichen Sinn. Das in einer gegebenen Gesellschaft materiell und menschlich (auch mental) Vorhandene wirkt stets weiter, selbst bei noch so radikalen Brüchen. Und der militärische Zusammenbruch des Dritten Reiches bedeutete einen der tiefsten Einschnitte in der deutschen Geschichte.
von Peter Brandt
Die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Diktatur gehört heute, wenig bestritten, zum Kernbestand der nationalen Identität Deutschlands. Zweifellos stellte der Nationalsozialismus für beide deutsche Staaten bis zur Wende von 1989/90 den wichtigsten negativen historischen Bezugspunkt dar. Mit unterschiedlichen Akzentuierungen und Interpretationen war die Zeit zwischen 1933 und 1945 stets präsent, Politik und Gesellschaft definierten sich geradezu mit Bezug auf die Negativfolie des Dritten Reiches. Auch im wiedervereinigten Deutschland ist von einem Ende dieser permanenten Konfrontation nichts zu spüren, im Gegenteil, der vor zwei Jahren begangene 60. Jahrestag des Kriegsendes hat in der politischen und medialen Öffentlichkeit eine Fülle von Gedenkveranstaltungen, Buchveröffentlichungen und Filmdokumentationen mit sich gebracht, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigen.
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