von Lutz Götze
Günter Grass ist tot. Er war ein Glücksfall für die Deutschen, die deutsche Literatur und die Welt. Grass zeigte, dass in der Sprache, die die Unmenschen vergewaltigt hatten, wieder gedichtet werden konnte: Gedichte waren, trotz Auschwitz, wieder möglich; Romane und Stücke ebenso.
von Ulrich Siebgeber
Sie legten zusammen, um einen hervorzubringen, der durchkommen sollte, und siehe da: dieser erstand aus ihrer Mitte, nicht sehr verschieden von Günter Mustermann, nicht wirklich verschieden, und bot sich an. Und sie warfen auf ihn, was gerade zur Hand war: Zorn, Ärger, Selbsthass, Selbstmitleid, Selbstsucht, die Bezichtigung und den Zweifel, die Erinnerung an Verlorenes, die beschmutzte Kindheit, den Betrug, die Scham, die Peinlichkeit, den Verdruss, das Bekennertum, die Rechthaberei, die Besserwisserei und den Drang, wieder etwas vorzustellen in einer Welt, die eine Zeitlang offenbar beschlossen hatte, ohne das Volk der Richter und Henker weiterzukommen und allenfalls seine ökonomischen Handlangerdienste sowie die liebedienerische Bereitschaft in Anspruch zu nehmen, im kommenden totalen Krieg als Schlachtfeld zu dienen.
von Dirk Tänzler
Der Mordanschlag auf die Redaktionsmitglieder des Satiremagazins CHARLIE HEBDO und zwei Polizisten, die zum Schutz abgestellt waren bzw. den Tätern nachzustellen versuchten, hat weltweit zu einer Solidarisierung mit den Opfern geführt. Zum Motto dieser Kampagne - getragen als Transparent auf Demonstrationen oder als Button an der Festgarderobe von Hollywoodsternchen - wurde ein bekennerhafter Satz, der auf dem Titelblatt der Satirezeitschrift am Tag nach der Tat zu sehen war. Nach allgemeiner Meinung sei der Satz, den ein muslimisch aussehender Mann auf einem Schild vor seiner Brust hochhalte, als Identifikation der Muslime mit den Opfern des islamistischen Anschlages zu verstehen, woraufhin diesem – angeblich Mohammed selbst – stellvertretend für die Mehrheit der wahren Glaubensbrüder die Absolution und Vergebung aller Schuld erteil worden sei.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G