von Gerd-Rainer Horn
1989 schrieben die Weltsystemtheoretiker Giovanni Arrighi, Terence K. Hopkins und Immanuel Wallerstein die vier kurzen Sätze: »Es gab nur zwei Welt-Revolutionen. Die eine fand 1848 statt, die zweite 1968. Beides waren historische Misserfolge. Und beide veränderten die Welt.«1 Selbst wenn man die These der Singularität dieser beiden transnationalen Revolten nicht ganz teilt, und selbst wenn die ganze historische Bedeutung von 1968 nur im Nachhinein offenbar werden wird, vielleicht in fünfzig oder hundert Jahren, so ist die in dieser Passage zum Ausdruck kommende Stimmung absolut angemessen. 1968 bedeutet eine herausragende Zäsur in der Geschichte des modernen Europas – so wie die Jahre 1905, 1917, 1934, 1945 oder 1989.
von Christoph Jünke
Wer sich um die Ursprünge des welthistorischen Dramas des 20. Jahrhunderts kümmert und im deutschen Nazi-Faschismus mehr zu erkennen sucht als die welthistorische Einzigartigkeit, die dieser auch gewesen ist, wird zurückgehen müssen auf die vorletzte Jahrhundertwende und den Blick wenden auf das deutsche Kaiserreich. In den fast fünf Jahrzehnten des so genannten Wilhelminismus reiften jene Verhältnisse, die sich in den Ersten Weltkrieg und die daran sich anschließende Epoche von Revolution und Konterrevolution eruptiv entluden.
von Peter Brandt
›Globalisierung‹ ist inzwischen ein Allerweltswort, ein schillerndes außerdem. Seine Popularität weist aber darauf hin, dass mit diesem Terminus versucht wird, den weit verbreiteten Eindruck sprachlich einzufangen, die Menschheit sei in ein ganz neues Zeitalter der Herausbildung einer planetarischen Gesellschaft, einer ›Weltgesellschaft‹, eingetreten. Die Floskel, es gelte die ›Globalisierung zu gestalten‹, legt nahe, es handele sich um einen quasi selbstläufigen, gesellschaftspolitisch grundsätzlich neutralen und in mancher Hinsicht sogar progressiven Prozess, der eben nur in die richtigen Bahnen gelenkt werden müsse. Ich werde am Ende dieses Essays darauf zurückkommen.
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