von Nina Schneider

In den meisten lateinamerikanischen Ländern wurden in den 1960er und 1970er Jahren Militärregimes installiert, mit deren Bewältigung der Kontinent bis zum heutigen Tag beschäftigt ist. Unterstützt durch US-amerikanische Regierungen putschte das Militär zunächst in Guatemala (1954), dann in Brasilien (1964), später in Chile (1973) und Argentinien (1976). Wenngleich sich die illegalen Regimes in ihrem Charakter, ihrer Regierungszeit und Brutalität unterschieden, hatten sie eins gemeinsam: Sie richteten unrechtmäßige Repressionsnetzwerke ein, welche Regimegegner verfolgten, ins Exil trieben, einsperrten, folterten oder im schlimmsten Fall ›verschwinden ließen‹.

Die Legitimation für diese vom Staat begangenen Menschenrechtsverbrechen lieferte die länderübergreifende Militärstrategie der ›nationalen Sicherheitsdoktrin‹. Während sich die militärische Aufmerksamkeit zuvor dem ›äußeren Feind‹ gewidmet hatte, dem klassischen Angriffskrieg durch eine fremde Nation, bekämpften die Militärs nun den ›inneren Feind‹: Kommunisten, Sozialisten und ›Subversive‹, dem historischen Kontext des Kalten Krieges gemäß. Ähnlich perfide wie unter den Nationalsozialisten jüdische Menschen spurlos ›verschwanden‹, so brachten Agenten der Repressionsorgane auf den Straßen von Buenos Aires, São Paulo und Santiago de Chile tausende von Menschen heimlich ums Leben. Viele Opferfamilien wissen bis heute nicht, wo die Überreste ihrer Angehörigen liegen geschweige denn unter welchen Umständen sie gestorben sind.

Das repressivste Regime war das Argentinische (1976-1983); hier reichen die Schätzungen von etwa 10.000 bis 30.000 Todesopfern (Pereira 2005, 21). Im Fall von Pinochets Chile wird vermutet, dass zwischen 3.000 und 10.000 Menschen ermordet wurden (Pereira 2005, 21), während im offiziellen Bericht der brasilianischen Spezialkommission (SEDH 2007, 32-33) von 474 Todesopfern die Rede ist. Neben der Intensität der Gewalt, unterschieden sich die Regimes auch hinsichtlich ihrer Transitionsprozesse. Während Argentiniens Regime 1983 geschwächt durch die Wirtschaftskrise und die Niederlage im Falkland-Malvinas Krieg zusammenbrach, kam es in Chile wie in Brasilien zu einem ›arrangierten‹ Übergang. In Chile verlor Pinochet zwar im Jahr 1990 die Wahlen, jedoch genoss er genug Macht und Zustimmung, um einen radikalen demokratischen Wandel zu unterbinden. So wurde die 1978 vom Unrechtsregime erlassene chilenische Amnestie, eine sogenannte ›Selbst-Amnestie‹, nicht revidiert, jedoch 1990 eine Wahrheitskommission eingerichtet, die sogenannte Rettig-Kommission. Betrachtet man die Transitionsprozesse in Lateinamerika insgesamt, so haben die meisten Länder mittlerweile entweder Wahrheitskomissionen eingerichtet oder Menschenrechtsverbrecher verurteilt, häufig sogar beides (Heinz 2008; Brito 2001; Sikkink und Walling 2006).

Was die Auseinandersetzung mit der Diktatur betrifft, nimmt Brasilien in Lateinamerika einen Sonderfall ein. Es ist das einzige post-autoritäre Land des Kontinents, welches bislang weder eine Wahrheitskommission installiert noch Verurteilungen angestrebt hat. Brasilien widersetzt sich damit nicht nur einem lateinamerikanischen sondern einem seit den 1990er und 2000er Jahren zunehmend globalen Trend, für vergangene Menschenrechtsverbrechen Rechenschaft abzulegen – von Ellen Lutz und Kathryn Sikkink (2001, 1) auch die sogenannte ›Gerechtigkeits‹- oder ›Justizwelle‹ (justice cascade) genannt. Kaum eine andere junge Demokratie in Lateinamerika hat sich so gesträubt seine Militärvergangenheit aufzuarbeiten wie Brasilien. Im fünftgrößten Land der Erde geht der Streit über die Aufarbeitung der Diktatur nicht nur weiter, man könnte gar sagen, er fängt hier nach Jahrzehnten des Schweigens und Verdrängens gerade erst an.

Der brasilianische Staat hat die Militärvergangenheit seit der Rückkehr zur formellen Demokratie im Jahr 1985 strategisch beschwiegen. Diese offizielle Verdrängungspolitik wurde jüngst in zwei historischen Schlüsselereignissen offenkundig – dem Streit um eine Wahrheitskommission und der Bestätigung des Amnestiegesetzes von 1979 durch das brasilianische Bundesverfassungsgericht (Schneider 2011d). Beide Ereignisse haben zu neuen Kämpfen um die Deutungshoheit der brasilianischen Diktatur geführt, welche sich in den aktuellen Diskussionen um die geplante Wahrheitskommission fortsetzen. Im Zentrum dieses Artikels steht die Frage, ob die geplante Wahrheitskommission einen Wendepunkt in der Geschichte der Vergangenheitsbewältigung in Brasilien markieren wird beziehungsweise welches die Vorraussetzungen für ein derartiges Gelingen sind. Zudem fragt der Beitrag, warum sich Brasiliens Umgang mit der Militärdiktatur so stark von dem seiner Nachbarländer unterscheidet. Zwar werden in der Forschungsliteratur (Britto 2001, 125-126, 142; Pereira 2005, 161-164) einige wichtige Faktoren genannt, jedoch können sie weder Brasiliens Sonderstellung noch die Verschiedenartigkeit der Aufarbeitungsprozesse in Lateinamerika hinreichend erklären (Schneider 2011b, 45-47).

Wie der Staat schweigt

Obwohl die Diktatur im Jahr 1985 endete, haben die brasilianischen Zivilregierungen keine größeren Maßnahmen ergriffen, um die Militärvergangenheit aufzuarbeiten. Sowohl juristisch als auch politisch wurde diese systematisch verschwiegen. Juristisch wurde sie durch die Auto-Amnestie von 1979 verschwiegen, welche allen ehemaligen Menschenrechtsverbrechern im Staatsdienst Straffreiheit gewährte. Politisch wurde die Aufarbeitung lange dadurch verhindert, dass Politiker die Bereitstellung von Archivmaterial behinderten. Mit der brasilianischen Verfassung von 1988 wurde jedem Bürger erstmals das Recht auf Zugang zu persönlichen Daten in staatlichen Institutionen zugeschrieben. Ein Folgegesetz von 1991 delegierte die Kontrolle über die Zugangsberechtigungen an den Nationalen Rat der Archive (Conarq) (Costa 2008, 20-21). 2002 sorgte der damalige Präsident Fernando Henrique Cardoso jedoch aus nach wie vor ungeklärten Gründen für einen gewaltigen Rückschlag, indem er entgegen den Empfehlungen des Conarq die Verschlusszeiten drastisch verlängerte, sogar mit der absurden Möglichkeit eines einhundertjährigen Verschlusses (Costa 2008, 23-24; Fico 2004a, 126). Insgesamt hat der politische Wille, Zugang zu Archiven zu schaffen, bisher gefehlt. Zwar hat die Lula Regierung 2006 ein neues Projekt namens Enthüllte Erinnerungen (Memórias Reveladas) initiiert, mit dem Ziel, im Nationalarchiv in Rio eine zentrale Dokumentationsstelle über die »politischen Kämpfe von den 1960ern bis in die 1980er Jahre« zu schaffen, aber das Archivgesetz aus dem Jahr 2005 ließ er nicht widerrufen.

Erste Schritte

Es wäre jedoch auch falsch zu behaupten, der Staat hätte seit 1985 gar keine Schritte für die Opfer von Menschenrechtsverbrechen unternommen. Auf massiven Druck von Opferverbänden und Menschenrechtsorganisationen erließ die Fernando Henrique Cardoso Regierung 1995 ein Gesetz, welches den bislang wichtigsten Schritt zur Aufarbeitung markiert; es erkannte erstmals offiziell an, dass der brasilianische Staat für den Tod von 136 Bürgern die Verantwortung trägt und sprach das Recht auf Entschädigungszahlungen aus (SEDH 2007, 17, 20-21, 48). Zudem wurde eine Spezialkommission (Comissão especial sobre mortos e desaparecidos políticos) installiert, die erste staatlich organisierte Aufklärungskommission (Catela 2000, 299-300). Dennoch war auch das Gesetz von 1995 nur ein minimales Zugeständnis. In der Praxis wurde die Arbeit der Kommission eher behindert als unterstützt und die Beweislast für die Reparationen lag bei den Opferfamilien, denen jedoch der Zugang zu Dokumenten verwehrt wurde (SEDH 2007, 33-36)

Aufklärung unerwünscht

Während die Mehrzahl der Länder Lateinamerikas längst Wahrheitskommissionen eingerichtet hat, führte in Brasilien allein der Vorschlag zu einer Regierungskrise (Schneider 2011c). In Argentinien (1984), Bolivien (1984), Chile (1991, 2004), Ecuador (1997, 2007), Haiti (1996), Panama (2002), Paraguay (2003), Peru (2003) und Uruguay (1985, 2000) wurden bereits offizielle Wahrheitskommissionen eingerichtet (Heinz 2008, 56). In El Salvador (1993) und Guatemala (1999) wurden Wahrheitskommissionen unter der Leitung der Vereinten Nationen installiert. In Brasilien unterzeichnete am 21. Dezember 2009 der damals amtierende Präsident Luiz Inácio Lula da Silva das so genannte Dritte Nationale Menschenrechtsprogramm (PNDH-3 2010). Dieses Programm wurde vom damaligen Menschrechtsminister Paulo Vannuchi über mehrere Jahre entwickelt. Es enthält mehrere Hundert Empfehlungen, wie die Menschrechte in Brasilien verbessert werden können. Den Kernpunkt bildet jedoch der Vorschlag, eine Wahrheitskommission zu gründen. Die Reaktion auf Lulas Zustimmung zum Gesetzesvorschlag fiel radikaler aus als die Regierung vermutet hatte. Der damalige Verteidigungsminister Nelson Jobim und die Militärführer der drei Streitkräfte drohten damit, ihr Entlassungsgesuch einzureichen, falls der Text des Programmes nicht geändert werden würde (Éboli 2009, 4; Agência Brasil 2010). Präsident Lula widersetzte sich diesem Erpressungsversuch nicht, sondern fügte sich dem militärischen Druck, und berief die zwei Hauptantagonisten – Menschrechtsminister Vannuchi und Verteidigungsminister Jobim – zu einer Krisensitzung, um den Text noch einmal zu bearbeiten (Nossa 2010).

Kampfschauplatz Wahrheitskommission

Es läßt sich also mit Fug und Recht sagen, dass der Vorschlag für die Wahrheitskommission bereits am Anfang politisch abgeschwächt wurde, noch ehe er im brasilianischen Kongress debattiert werden konnte. Ihr ursprünglicher Charakter wurde stark verändert. War im Originalvorschlag von Menschenrechtsverletzungen »im Kontext von politischer Repression« die Rede, so ersetzte ein Zusatzdekret diesen Passus mit der Formulierung »in einem Kontext des politischen Konflikts« (Agência Brasil/O Globo 2010). Um welche Menschenrechtsverbrecher es sich handelt, Agenten der staatlichen Repression oder aber der militanten Opposition, bleibt damit unklar. Auf den ersten Blick mag diese Korrektur unwichtig erscheinen. Eine genauere Analyse zeigt jedoch was diese Änderung bedeutet: Der brasilianische Staat weigert sich noch immer, ausdrücklich anzuerkennen, dass er zwei Dekaden lang systematische Gewalt anwandte, um seine illegale Politik durchzusetzen. Der Staat leugnet weiterhin seine Politik der gezielten Repression.

Die Folgen der Krise

Dieser Erpressungsversuch, der zu einer signifikanten Umdeutung der Rolle des Staates während der Diktatur führte, sagt nicht nur etwas über die mächtige Stellung der Militärs im zeitgenössischen Brasilien aus. Er verdeutlicht die Schwächen des demokratischen Systems insbesondere, wenn man die Entstehungsgeschichte des Gesetzesentwurfs berücksichtigt. Das ursprüngliche Menschrechtsprogramm wurde in einem mehrjährigen Prozess ausgehandelt, an dem neben Regierungsmitgliedern auch zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft beteiligt waren. Im Originaltext ist zu lesen, dass 137 nationale, regionale und munizipale Konferenzen organisiert wurden, an welchen insgesamt 14.000 Bürger teilnahmen (PNDH-3, 17). Ironischer Weise würdigt Lula den Entstehungsprozess im Vorwort des Originaltexts denn auch als eine »breite demokratische Debatte«, seien doch zahlreiche Punkte auf diesen Konferenzen abgestimmt worden (PNDH-3, 11). Dieser »breite[n] demokratische[n] Debatte« hat das Militär mit seiner erfolgreichen Erpressung nun ein jähes Ende bereitet.
Die Krise führte nicht nur zu einer tiefgreifenden Änderung des Gesetzes, sondern sie verzögerte auch die Einrichtung der Wahrheitskommission. Ursprünglich war die Abstimmung für April 2010 geplant, aber letztendlich bestätigte der brasilianische Kongress den Gesetzesentwurf erst im September 2011 (Lourenço 2010). Im Monat darauf wurde die Wahrheitskommision auch im Senat abgenickt. Die neue Präsidentin Dilma Rousseff hat mit Maria de Rosário eine neue Menschenrechtsministerin ernannt, um Probleme zu Beginn ihrer Präsidentschaft zu vermeiden. De Rosário kündigte bereits in ihrer Antrittsrede Kooperationsbereitschaft gegenüber dem Verteidigungsminister und dem Militär an (Costa 2011). Verteidigungsminister Jobim, welcher anfänglich seinen Ministerposten behalten durfte, wurde im August 2011 von Dilma entlassen, allerdings nicht aufgrund seines Widerstandes gegen die Wahrheitskommission. Er hatte zahlreiche Kabinettmitglieder wiederholt öffentlich beleidigt. Jobims Entlassung könnte in Zukunft zu weniger Gegenwind führen. Allerdings könnte sie sich auch als zweischneidiges Schwert entpuppen, denn Jobim genoss ein hohes Ansehen im brasilianischen Militär.

Neue Debatten um die Wahrheitskommission: Die Details

Im Sommer 2011, kurz vor der Ratifizierung des Gesetzes, entbrannte eine erneute Diskussion, als Politiker, Opferfamilien und Menschenrechtsaktivisten anfingen, die Details der Wahrheitskommission öffentlich zu diskutieren. Hierbei ging es im Wesentlichen um die Auswahl der Kommissionsmitglieder, das genaue Mandat der Wahrheitskommission und den Zeitraum der zu klärenden Fälle. Während dem Militär nahe stehende Abgeordnete wie Jair Bolsonaro dafür plädierten, zumindest einen Repräsentanten der Armee in die Kommission aufzunehmen, lehnten dies Vertreter der Opferfamilien und Menschenrechtsverbände kategorisch ab (Agência Câmara de Notícias 2010). Beide Lager widersprachen sich auch hinsichtlich der Fälle, welche aufgeklärt werden sollen; Bolsonaro forderte, auch die Gewalttaten der ehemaligen linken Guerillabewegungen zu untersuchen, während Opferfamilien dies als Hohn empfanden, seien doch die Taten im Kontext staatlicher Repression zu sehen. Auch gegen den Untersuchungszeitraum gab es Widerstand, denn der Entwurf sieht vor, Menschenrechtsverbrechen zwischen 1946 und 1988 zu untersuchen, also einem Zeitraum der über die Diktatur (1964-1985) hinausgeht. Die Opferfamilien konnten sich mit Ihrer Forderung nicht durchsetzen; das ratifzierte Modell sieht den längeren Zeitraum (1946-1988) vor.

Viele Details, von denen abhängt, ob die Wahrheitskommission ein effektives Aufarbeitungsinstrument wird, müssen noch geklärt werden. Derzeit ist geplant, dass die Wahrheitskommission zwei Jahre lang arbeiten soll und dass die Kommissionsmitglieder von der Präsidentin berufen werden. Ob die Wahrheitskommission effektiv aufklären wird und ein gesamtgesellschaftliches Umdenken anstoßen kann, wird stark von den ernannten Kommissionsmitgliedern abhängen. Doch eins steht bereits fest: Es wird eine Wahrheitskommission ohne Verurteilungen sein, also eine ›Wahrheitskommission‹ anstelle einer ›Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission‹. Die Kommission war zwar bereits als ›Wahrheits-‹ nicht als ›Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission‹ konzipiert, jedoch wurde dies durch die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestärkt, das Amnestiegesetz von 1979 nicht aufzuheben (Rolim 2010). Dieses Urteil ist ebenso beispielhaft für die brasilianische Aufarbeitungspolitik wie der Streit um die Wahrheitskommission.

Straflosigkeit bekräftigt: Amnestiegesetz bleibt

Anders als in Uruguay wurde das brasilianische Amnestiegesetz noch während des Militärregimes verabschiedet, allerdings bereits in einer Phase der politischen Öffnung, eingeleitet durch Präsident Ernesto Geisel (1974-1979). Menschenrechtsverbrechen und Pressezensur gingen seit 1975 deutlich zurück, wenn auch nicht vollständig (Smith 1997). Seit 1975 breitete sich zudem die sozial und politisch heterogene Amnestiebewegung aus, die eine Wiederherstellung der politischen Freiheiten und das Ende der Diktatur forderte (Santos, Teles, und Teles 2009, 162-163). Die Amnestiebewegung machte die Menschenrechtsverletzungen des Regimes öffentlich und unterhöhlte erstmals die Strategie des Verschweigens.

Der Hintergrund der Amnestie

Um das jüngste brasilianische Bundesverfassungsurteil zu verstehen, muss man den historischen Kontext des Amnestiegesetzes kennen. Das Gesetz ging teilweise auf die Forderungen der Amnestiebewegung ein (Alves 1988, 211). Es war ein Kompromiss – errungen nach intensiven Verhandlungen zwischen der Oppositionspartei Movimento Democrático Brasileiro (MDB), der Militärregierung und einem radikalen Flügel innerhalb der Armee, den sogenannten Hardlinern (Alves 1988, 211). Die Hardliner lehnten Geisels Politik einer Regimeöffnung und Schwächung des Repressionsapparates ab und verlangten, notfalls mit Gewalt zu regieren. Geisels Taktik war es hingegen, die Opposition zu schwächen, indem er die Amnestie als einen Triumph des Regimes verbuchte.

Die brasilianischen Historiker Carlos Fico (2009, 4-5) und Daniel Aarão Reis (2004, 46) haben zu Recht betont, wie heikel die politische Situation damals war. Fico beispielsweise erinnert daran, dass die Amnestiebewegung in zwei Lager gespalten war: eine Seite bestand darauf, Menschenrechtsverbrecher vor Gericht zu bringen, die andere akzeptierte die Generalamnestie als einen Kompromiss. Die Mehrheit der Oppositionspartei MDB stimmte der Generalamnestie letztlich zu, denn sie hielt Versöhnung für die zeitgemäße Strategie, auch wenn es zur Folge hatte, dass Militäroffiziere, die Gewalttaten begangen hatten, unbestraft blieben (Fico, 1, 13; Skidmore 1985, 426).
Um den Hintergrund des Bundesverfassungsurteils zugunsten des Amnestiegesetzes korrekt einordnen zu können, muss man zudem wissen, dass die Amnestie keineswegs ›bilateral‹ war (Schneider 2011b, 43). Diese Fehlinformation hat sich nicht allein in der öffentlichen Debatte hartnäckig gehalten, sondern selbst einige Bundesverfassungsrichter sind diesem Mythos erlegen. Während die Agenten der Repressionsorgane ausnahmelos Generalamnestie genossen, waren politische Gefangene dann von der Straffreiheit ausgeschlossen, wenn sie im bewaffneten Kampf aktiv waren oder versucht hatten, einer Person das Leben zu nehmen (Alves 1988, 211; Aarão Reis 2004, 47).

Strafverfolgungen in anderen lateinamerikanischen Ländern

Obwohl das brasilianische Amnestiegesetz während der Diktatur verabschiedet wurde, hat im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Ländern keine Zivilregierung seither versucht, das Gesetz zu revidieren. In Argentinien beispielsweise wurde das Amnestiegesetz 1983 für illegal erklärt, woraufhin bereits im Laufe der 1980er Jahre Generäle verurteilt wurden einschließlich des Ex-Diktators Jorge Rafael Videla (Catela 1998, 301-315). Zwar gab es auch hier Rückschläge – die Amnestiegesetze Ley de punto final (1986) und Ley de obediencia debida (1987) stoppten die Prozesse zwischenzeitig und Präsident Carlos Menem begnadigte zahlreiche Verbrecher Anfang der 1990er Jahre – dennoch ging Argentinien vergleichsweise resolut gegen Offiziere vor, die Menschenrechtsverletzungen begangen hatten. Die Amnestiegesetze von 1986 und 1987 wurden 2003 von Präsident Néstor Kirchner und 2005 vom Obersten Gerichtshof wieder aufgehoben, so dass neue Verurteilungen möglich wurden (Catela 1998, 301-315; Sikkink und Walling 2007).
In Uruguay wurde das Amnestiegesetz ebenso wenig hingenommen. In den Jahren 1989 und 2009 hat es dort einen Volksentscheid über das Amnestiegesetz gegeben; zwar reichte es beide Male nicht zu einer Annullierung der Amnestie, trotzdem erklärten im Oktober 2009 sowohl das Uruguayische Bundesverfassungsgericht als auch das Parlament die Amnestie für verfassungswidrig (Catela 1998, 301-315). Daraufhin wurde der Ex-Diktator Gregorio Alvarez zu einer Haftstrafe von 25 Jahren verurteilt. In Chile wurde das Amnestiegesetz zwar noch nicht formal revidiert, aber ein Urteil des Obersten Gerichtshofe stellt dort das internationale Menschenrecht über die Nationalverfassung und machte somit den Weg für Verurteilungen frei (BBC News 2009).

Klage gegen das Amnestiegesetz

In Brasilien hingegen war es eine zivile Institution, die Brasilianische Richtervereinigung (OAB), welche im Oktober 2008 Klage gegen das Amnestiegesetz beim Verfassungsgericht einreichte. Das Kernargument der OAB (2010, 13-19, 29) lautete, dass Folter keine »politische« sondern eine »gemeine« Straftat darstelle. Zudem, kritisierte die OAB, sei die Amnestie keinesfalls »bilateral«, da sie all diejenigen ausschliesse, die in Fälle von »Terrorismus« verwickelt seien. Während die »Terrorismus«-Ausnahmeregel für die militante Opposition angewandt wurde, so die OAB, würden Verbrecher der Repressionsorgane volle Amnestie genießen.
Die OAB (2010, 16-19) erhob deshalb in ihrer Anklageschrift die Frage, ob »die systematische und organisierte Praxis von [...] Mord [...] Folter und Vergewaltigung von politischen Oppositionellen etwa keinen Staatsterrorismus (sic) darstellte«. Im Grunde forderte die OAB vom brasilianischen Staat ein, sich endlich dazu zu bekennen, dass »Staatsterror« betrieben worden sei, also eine systematische Repressionspolitik von Seiten des Staates. Ferner berief sich die OAB (2010, 22-24, 26-27) darauf, dass das Amnestiegesetz demokratische Grundsätze missachte, obgleich sowohl die brasilianische Verfassung von 1988 als auch die Deklaration der Menschenrechte der Vereinten Nationen forderten, dass Folter nicht strafffrei bleiben dürfe. Das Amnestiegesetz, so die OAB, verstieße somit sowohl gegen die brasilianische Verfassung als auch gegen internationales Menschenrecht.

Die Urteilsbegründung und seine Folgen

Die Argumente der OAB überzeugten sieben von neun Richter des brasilianischen Bundesverfassungsgerichts nicht und die Klage wurde April 2010 abgelehnt – ganz im Gegensatz zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in Uruguay (Folha Online 2010a, b). Die meisten Verfassungsrichter begründeten ihr Votum, indem sie auf den historischen Kontext der Amnestie hinwiesen und den ›bilateralen‹ Charakter des Gesetzes hervorhoben, schließlich habe hiervon auch die militante Opposition profitiert (Folha Online 2010a, b). Viele Richter einschließlich des Bericht erstattenden Richters, Eros Grau, betonten, wie bedeutsam die Amnestie für den Übergang zur Demokratie gewesen sei. Grau, der keineswegs ein Regimebefürworter ist, sondern selbst während der Diktatur gefoltert wurde, argumentierte zudem, dass das Bundesverfassungsgericht zwar Gesetze auslegen könne, aber nicht dazu befugt sei, diese zu verändern, denn das stünde allein dem brasilianischen Kongress zu (O Estado de S. Paulo 2010, 2).

Während die Militärs und der Verteidigungsminister diese Entscheidung erwartungsgemäß begrüßten, löste sie bei der OAB, den Familien der Opfer, Menschenrechtsaktivisten und internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen und Amnesty International Empörung aus (Bocchini 2010). Fernando Mariña Menendez vom UN Komitee gegen Folter bezeichnete das Urteil als einen »unglaublichen Affront« und »eine Art von Persilschein (autoperdão)« wie ihn das 21. Jahrhundert nicht mehr akzeptieren könne (Chade 2010). Er warnte, dass sich Brasilien zunehmend selbst isoliere, schließlich sei es das einzige lateinamerikanische Land, welches sich immer noch dagegen wehre, Verbrechern den Prozess zu machen. Seit 2001 hatten die Vereinten Nationen die brasilianische Regierung mehrmals dazu aufgefordert, das Amnestiegesetz zu verändern (Chade 2010).

Gründe für Brasiliens Sonderweg

Sowohl der Widerstand gegen die Wahrheitskommission als auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verdeutlichen, dass Brasiliens Vergangenheitsbewältigung erst am Anfang steht. Im Vergleich zu den anderen post-autoritären Ländern in Lateinamerika nimmt Brasilien eine Sonderstellung ein. Zwar hat es auch in Brasilien wichtige Schritte in Richtung Aufarbeitung gegeben ─ die offizielle Entschuldigung des Staates für Menschenrechtsverbrechen im Jahre 1995 zum Beispiel, und Entschädigungszahlungen für die Opfer ─ aber auch diese waren keine aktiven Initiativen des Staates, sondern größtenteils defensive Antworten auf Forderungen von Betroffenen und Menschenrechtsorganisationen (Santos, Teles und Teles 2010, 472-495; Coimbra 2001, 11-19). Insgesamt sieht die Aufarbeitungsbilanz auch aufgrund der Bestätigung der Amnestie dürftig aus: Anstatt Menschenrechtsverbrecher zu bestrafen, so der Brasilienexperte von Amnesty International Tim Cahill, werde die Straffreiheit auch noch juristisch abgesegnet (Reuters/Folha de São Paulo 2010). Der Begriff ›politische Repression‹ ist nach wie vor tabu: Er wurde nach massiven Protesten aus dem PNDH-3 gestrichen und das Bundesverfassungsgericht lehnte es ab, ehemalige Staatsbedienstete, welche in Menschenrechtsverbrechen involviert waren, als »Staatsterroristen« zu bezeichnen ─ eine Entscheidung, welche die volle Amnestie für ehemalige Straftäter aufgehoben und Prozesse ermöglicht hätte.

Angesichts des lateinamerikanischen und darüber hinaus sogar globalen Trends, Menschenrechtsverbrecher vermehrt zur Rechenschaft zu ziehen, stellt sich damit die Frage, wieso die Aufarbeitung in Brasilien entschieden anders verlaufen ist. Insbesondere von der Lula Regierung, welche durch zahlreiche Ex-Guerillakämpfer konstituiert wurde, hätte man erwartet, dass die militärische Vergangenheit endlich aufgearbeitet würde. Einzelne Minister wie Menschenrechtsminister Paulo Vannuchi haben ja durchaus versucht, die Erinnerungspolitik zu verändern (Schneider 2011a), allerdings hat er dafür herbe Rückschläge erlitten, wie der Kampf um den Gesetzestext der Wahrheitskommission illustriert. Welche historischen Ereignisse können diese Sonderstellung erklären?

Die Natur des Regimes

Zieht man einen Vergleich mit anderen autoritären Staaten auf dem Kontinent, so fallen einige Charakteristika der brasilianischen Diktatur auf; zunächst seine pseudo-demokratische Natur und dann der lange Transitionsprozess zur Demokratie. Unter pseudo-demokratischer Natur verstehe ich eine zentrale Legitimierungsstrategie der brasilianischen Diktatur, einen demokratischen Anschein zu erwecken. Diese Strategie führte kontinuierlich zu absurden Situationen, welche sich bis auf die heutigen Deutungskämpfe auswirken (Aquino 2000, 275; Smith 1997, 187). Anders als in Argentinien und Chile blieben demokratische Procedere und Institutionen in Brasilien bestehen, jedoch manipuliert. So fanden beispielsweise Wahlen zwischen 1964 und 1985 statt, allerdings wurden die Ergebnisse verfälscht und das Wahlsystem mehrfach zugunsten der Regierungspartei umgeändert (Alves 1988, 150). Auch der Kongress blieb formal bestehen, jedoch wurde er zum Marionettenparlament degradiert und sogar kurzzeitig abgesetzt (Alves 1988, 149-150).

Obgleich dieser diktatorischen Regierungsform war die offizielle Propaganda darum bemüht, das Regime als demokratisch darzustellen, indem es mehrfach auf die Gewaltenteilung verwies. In der Tat war diese im autoritären Chile und Argentinien außer Kraft gesetzt. Sogar die willkürliche Zusatzgesetzgebung – auch ›Institutionelle Akte‹ genannt – sprach von der »Verteidigung«, ja ironischerweise sogar »Perfektionierung« der Demokratie (Fico 2004, 343). Dieser pseudodemokratische Legitimierungsversuch erklärt nicht zuletzt, warum Brasilien keine alleinstehenden Diktatoren hatte wie etwa Augusto Pinochet in Chile. Die ›Diktatoren‹ in Brasilien wechselten sich ab und waren üblicherweise vom militärischen Sicherheitsrat dominierte Präsidenten. Deshalb bevorzugen einige Historiker auch den Begriff Militärregime anstatt Diktatur.
Ein weiterer wichtiger Unterschied zu anderen Diktaturen ist die bereits erwähnte Zahl der geschätzten Todesopfer, die in Brasilien sehr viel niedriger war als in den lateinamerikanischen Nachbarländern. Während man in Argentinien von 10.000 bis 30.000 Todesopfern und in Chile von zwischen 3.000 und 10.000 spricht, ist im offiziellen Bericht der brasilianischen Spezialkommission 2007 von 474 Todesopfern die Rede (Pereira 2005, 21; SEDH 2007, 32-33). Insgesamt waren also in Argentinien und Chile viel mehr Bürger direkt von der Gewalt des Unrechtsstaats betroffen, so dass der Wunsch nach Aufarbeitung in Brasilien insgesamt geringer war.

Der langsame Übergang zur Demokratie

Ein weiterer Unterschied war der schleppende Transitionsprozess Brasiliens, der zu einer recht positiven Erinnerung an das Unrechtregime beitrug. Die Demokratisierung von 1985 steht im starken Gegensatz zu Argentinien, wo das Regime aus militärischen Motiven und aufgrund der desolaten Wirtschaftslage sprichwörtlich zusammenbrach (Hagopian 1993, 468). In Brasilien wurde das autoritäre Regime währenddessen mit dem sogenannten brasilianischen Wirtschaftswunder gerechtfertigt, einer Periode starken Wachstums (1968-1973). Zwar ist es korrekt, dass die wirtschaftlichen Wachstumsraten damals einen historischen Höhepunkt erreichten, nichtsdestotrotz unterschlägt der Mythos Wirtschaftswunder, dass die Ungleichheit zwischen Arm und Reich in Wirklichkeit zunahm (Draibe, 1994, 271-307). Dieser Mythos ist im öffentlichen Diskurs auch heute noch verbreitet und hat stark zu einer positiven Sicht auf das Regime beigetragen. Meinungsumfragen bestätigen eine ambivalente, oft positive Meinung über das Regime. Im März 1994 veröffentlichte beispielsweise die Tageszeitung Folha de S. Paulo Umfrageergebnisse, denen zufolge 70% der insgesamt 6,720 Befragten glaubten, die Wirtschaftslage hätte sich im Vergleich zur Diktatur verschlechtert (Souza 2009). Auch die politische Situation wurde trotz der Wiederkehr der Demokratie von 55% der Befragten als schlechter eingestuft.

Das post-autoritäre Militär: Weder Reform noch Aufklärung

Ein weiterer Grund für die andersartige Aufarbeitung in Brasilien ist die Rolle des Militärs, welches vergleichsweise stark aus dem Transitionsprozess hinausging. Die Frage nach der Machtstellung der Armee seit 1985 hat unter Forschern eine Debatte ausgelöst, die sich auf den Begriff der sogenannten ›bevormundeten Demokratie‹ (tutelary democracy) konzentriert. Den Begriff führte Jorge Zaverucha (1994) ein, um die zahlreichen Kontrollmechanismen hervorzuheben, welche das Militär seit der Demokratisierung beibehalten hat. Hingegen haben Wendy Hunter (1997) und Celso Castro (2006) auf wesentliche Machteinbußen der Streitmacht hingewiesen insbesondere die Einführung des Verteidigungsministeriums im Jahr 1999, welches den Oberbefehl vierzehn Jahre nach der Rückkehr zur formellen Demokratie wieder in zivile Hände übertrug. Dass das Militär jedoch noch beträchtlichen Einfluss hat, wurde im Dezember 2009 bestätigt, als es Lula erfolgreich dazu zwang, die Wahrheitskommission zu verändern. Während die Armee in Brasilien beträchtliche Kontrolle über die Regierungsarbeit behalten zu haben scheint, haben Politiker in Argentinien Militärführer wiederholt öffentlich kritisiert (Catela 2000, 183).

Keine brasilianischen Madres de la Plaza de Mayo

Wenngleich viele Verantwortungsträger des brasilianischen Staates zum fehlenden Aufarbeitungswillen beigetragen haben, würde man es sich zu leicht machen, wenn man einzig dem Staat die Schuld geben würde. Obgleich der Staat noch immer »der Akteur mit den meisten Ressourcen« (Hochstetler 1997, 15) in Brasilien ist, so stünde hinter einer staatsfixierten Begründung eine sehr elite-orientierte Auffassung von Politik. Die politische Schlagkraft der Gesellschaft bliebe hier unberücksichtigt. Zudem ist es empirisch bewiesen, dass Zivilproteste auch in anderen lateinamerikanischen Ländern ein wichtiger Antrieb für den Umdenkungsprozess waren.

Die Soziologin Elizabeth Jelin (1994, 38-39; 2008, 344-347) hat in ihrer Arbeit zur Erinnerungspolitik in Argentinien kontiniuerlich  betont, dass die Aufarbeitung ein sukzessiver Prozess war. Die heutzutage weltbekannten madres de la Plaza de Mayo waren in den 1980er Jahren zunächst Randfiguren gewesen, von denen einige sogar ermordet wurden (Payne 2006, 75-77). Die Mobilisierung der argentinischen Bevölkerung war also ein wichtiger Faktor dafür, dass Menschenrechte zu einem »Gründungselement der neugeborenen politischen Demokratie« erhoben wurden (Jelin 2008, 347). In zahlreichen anderen lateinamerikanischen Ländern waren zwar auch Opfer- und Menschenrechtsverbände aktiv, aber in der Regel ist es nicht zu einer vergleichbaren Mobilisierung der Zivilbevölkerung gekommen. In Brasilien ist die öffentliche Meinung nach wie vor darüber gespalten, wie die Militärvergangenheit aufgearbeitet werden soll (Araújo und Castro 1994, 15; Schneider 2011a, 204-205). Während aber in Argentinien und Chile bereits Gedenkstätten und Monumente errichtet wurden, hat es in Brasilien bis vor kurzem lediglich in Recife ein Foltermahnmal gegeben (Carnovale 2007, 113-142; Heidhues 2008, 88-103; Schneider 2011a, 202).

Komplexe Gründe: Die Gesellschaft schweigt

Um zu verstehen, warum Brasilien so anders mit seiner Militärvergangenheit umgegangen ist, muss daher eine zentrale Frage lauten: Warum fordern so wenige Brasilianer die Auseinandersetzung mit dem Militärregime? Diese anspruchsvolle Frage bedarf weiterer Forschung. Ein möglicher Grund liegt darin, dass das Repressionsnetzwerk zwar systematisch aber selektiv vorging, so dass das Leben vieler Brasilianer nicht unmittelbar tangiert wurde. Der Repressionsapparat, die so genannten Centros de Defesa Interna – Departamento de Ordem Interna (Codi-Dois; auch Doi-Codis genannt), arbeitete zwar systematisch  aber selektiv. So waren die meisten Opfer zwischen 14 und 25 Jahren jung, entstammten der urbanen Mittelschicht und gehörten politischen Bewegungen an, welche eine sozialistische oder kommunistische Gesellschaftsvorstellung hatten (Abreu 1998, 14).
Außerdem fehlte der militante Opposition die breite Unterstützung der Bevölkerung (Aarão Reis 2004, 50), wahrscheinlich, da sie sozialrevolutionäre Ideologien ablehnte und ihre Besitzverhältnisse verteidigen wollte. Womöglich sahen es weite Teile der Bevölkerung als gerechtfertigt an, dass der Staat gegen ›Sozialisten‹ und ›Kommunisten‹ mit Gewalt vorging – so machte es die Propaganda des Kalten Kriegs weis. Die militante Opposition konnte während der Diktatur nicht auf die breite Unterstützung der Bevölkerung zählen. Das gesamtgesellschaftliche Desinteresse könnte deshalb Vorbehalte gegen Kommunisten und Sozialisten widerspiegeln. Die Bevölkerung würde somit die Propaganda der ›roten Gefahr‹ aus der Zeit des Kalten Krieges reproduzieren.

Die brasilianischen Historiker Daniel Aarão Reis (2004) und Denise Rollemberg (2009) von der Universidade Federal Fluminense (UFF) sprechen sich dafür aus, die Kollaboration großer Teile der Bevölkerung während des Militärregimes endlich zu problematisieren und den gefälligen Diskurs des »Widerstandes« zu entlarven. Beide kritisieren, dass zahlreiche ehemalige Regimegegner in ihren Erinnerungsdiskursen vorgäben, sie hätten »Widerstand« gegen den allmächtigen Unterdrückerstaat geleistet, mit dem Ziel die »Demokratie« zu verteidigen. Aarão Reis (2004, 50), selbst ein Ex-Guerrillamitglied, kritisiert, dass der Diskurs der linken bewaffneten Opposition das wahre Ansinnen der damaligen Bewegung verheimlicht: das »revolutionäre Reformprojekt«. Ferner merkt Aarão Reis (2004, 50) kritisch an, dass seit 1985 zahlreiche Kollaborateure plötzlich beteuerten, sie hätten Widerstand geleistet. Denise Rollemberg (2009, 569, 573) schließt sich dieser Position an und befürwortet es, den Schwerpunkt nicht länger auf den Staat und ›Widerstand‹ zu legen, sondern das ganze Ausmaß an zivil-gesellschaftlicher Kollaboration zu erforschen. Auch Rollemberg (2009, 575-576) fragt warum die Mehrheit der politischen Linken die breite gesellschaftliche Unterstützung für das Regime leugnet. Ein autoritäres Regime könne sich schließlich nicht allein durch Terror zwei Jahrzehnte an der Macht halten. Die brasilianische Kultur des Schweigens könnte daher auch ein gesamtgesellschaftlicher Verteidigungsmechanismus sein, damit das Thema Kollaboration gar nicht erst aufkommt.

Edson Teles, Philosoph an der Universität São Paulo, meint hierzu, dass nach wie vor der Glaube weit verbreitet sei, dass nur Brasilianer mit »falschen«, sprich sozial-revolutionären politischen Vorstellungen gefoltert worden seien (Teles 2009, 590). Demnach glaubten viele Brasilianer, dass Menschenrechte nicht allgemeingültig seien, sondern Menschen mit ›feindlichen‹ ideologisch-politischen Anschauungen (Kommunisten, Sozialisten, ›Subversive‹) davon ausgeschlossen seien. Teles, der als Vierjähriger selbst Opfer von Repression wurde, plädiert dafür, dass die brasilianische Gesellschaft insgesamt Verantwortung für das Geschehene auf sich nimmt.

Warum schweigt bzw. mobilisiert eine Gesellschaft?

In Brasilien scheint die politische Kultur, auf die Straße zu gehen und aktive gesellschaftliche Forderungen zu stellen, geringer ausgeprägt als in der argentinischen oder uruguayischen Gesellschaft. Intellektuelle haben das ›Schweigen‹ der Zivilgesellschaft damit erklärt, dass eine ganze Generation kritischer, politisch engagierter Bürger ermordet worden sei (Soares und Araújo 1994, 2). Das brasilianische Diktatur war mit 21 Jahren eine der längsten auf dem südamerikanischen Kontinent. Hierbei spielen zudem wohl auch tiefgreifende Faktoren eine Rolle, welche die politische Streitkultur eines jeden Landes prägen. Teles (2009, 582-583) sieht denn auch im Schweigen das »konservative Erbe der sozialen Beziehungen« Brasiliens widergespiegelt. Für diese detaillierte Erklärungsform ist ein Ländervergleich wohl weniger geeignet, da er die Feinheiten des Spezialfalls untergräbt und eine sehr allgemeine Perspektive bietet. Zudem ist es aus Sicht der Historikerin schwierig, die Auswirkungen jahrhundertelanger Ungleichheitsstrukturen als konkret nachweisbaren Grund aufzuführen, bleibt die Erklärung doch zwangsläufig wage. Andere Forscher (Kingstone und Power 2000, 261) haben außerdem darauf verwiesen, dass sich Brasilianer sowohl während der Kampagne für direkte Präsidentschaftswahlen 1982/1983 als auch der Mobilisierung gegen Ex-Präsident Collor 1992 aktiv organisiert haben und zivilgesellschaftliche Organisationen insgesamt eindeutig zunehmen (Montero 2005, 96). Die These von einer wenig politisierten brasilianischen Gesellschaft muss somit noch detaillierter untersucht werden (Schneider 2011b, 45-46).

Wird die Wahrheitskommission ein Wendepunkt?

Brasiliens Widerstand gegen die Bewältigung der Militärvergangenheit, ist durch den Streit um die Wahrheitskommission und die Bekräftigung der Amnestie bestätigt worden. Wenngleich die Aufarbeitung in allen lateinamerikanischen Staaten ein schrittweiser und konfliktreicher Prozess war, nimmt Brasilien hier eine gesonderte Rolle ein und isoliert sich, wie UN Kommissionsmitglied Menendez bemerkt hat, immer stärker (Chade 2010). Neben dem Bundesverfassungsgericht haben weitere Akteure eine Kultur des Verdrängens genährt: die Zivilregierungen seit 1985 und das Militär aber auch die Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung. Warum so wenige Brasilianer eine Auseinandersetzung mit dem Militärregime forden bleibt eine zentrale Forschungsfrage, welche künftig genauer untersucht werden kann. Dieser Beitrag hat hierzu mehrere Hypothesen aufgestellt: Die Gesellschaft fürchtet eine Diskussion über das Thema Kollaboration; die Propaganda des Kalten Krieges wird reproduziert, indem ›Kommunisten‹ von den allgemeingültigen Menschenrechten ausgeschlossen werden; die politische Kultur des Protestes ist in Brasilien aufgrund seiner Geschichte der politischen und sozialen Repression vergleichsweise wenig ausgeprägt.

Zwar hat sich die Erinnerungspolitik des Staates in den letzten fünf Jahren verändert (Schneider 2011a), dennoch haben die Akteure, die diese Entwicklung angetrieben haben, herbe Rückschläge erlitten. Der verunglückte Start der Wahrheitskommission ist hier nur ein Beispiel von vielen. Seit 2006 hat der ehemalige Menschenrechtsminister Vannuchi zahlreiche Projekte zur Erinnerung des Militärregimes initiiert. Ferner wurde der Abschlussbericht der Spezialkommission über ermordete politische Aktivisten publiziert ─ die erste systematische Aufklärungsinitiative seitens des Staates. Dennoch scheint es, als hätte dieser Schritt vorwärts zwei Schritte zurückgeführt. Die Widerstände gegen die Wahrheitskommission haben nicht nur zu einer signifikanten Änderung des Gesetzestextes und zur Entlassung des ehemaligen Menschenrechtsministers Vannuchi geführt, sondern den Gesetzgebungsprozess um mehr als ein Jahr verlangsamt. Mutmaßlich versuchte Präsidentin Rousseff eine erneute Krise – ähnlich dem Erpressungsversuch durch das Militär – am Anfang ihrer Amtszeit zu vermeiden. Neues Konfliktpotential beschert ihr jedoch seit Dezember 2011 die Entscheidung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IAHRC) der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS). Diese hat Brasilien für die Verschleppung und Ermordung von ehemaligen Guerillamitgliedern in der Araguaia Region verurteilt, die Straffreiheit der Täter kritisiert und das Amnestiegesetz von 1979 angefochten, welches just vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde. Wie die Regierung Rousseff mit diesem Gerichtsurteil umgeht bleibt abzuwarten. Während andere post-autoritäre Länder in Lateinamerika die Menschenrechtsverletzungen durch den Militärstaat klar verurteilt haben, gehen die Kämpfe über die autoritäre Vergangenheit in Brasilien nicht nur weiter, sondern fangen nach Jahrzehnten der Verdrängung erst richtig an.

Soll die Wahrheitskommission ein erinnerungspolitischer Durchbruch werden, so muss der Wille aufzuarbeiten von Seiten der staatlichen Institutionen konzertierter kommen. Eine starke Präsidentin Rousseff, die dem Gegenwind entschieden trotzt und sich nicht erpressen läßt, kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. Ferner wird der Erfolg der Wahrheitskommission von den sieben ernannten Kommissionsmitgliedern abhängen. Zudem bedarf die Aufarbeitung der Unterstützung wichtiger Einflußgruppen insbesondere der Medien und der Bevölkerung. Den Ausgang der Wahrheitskommission vorauszuahnen wäre Prophetie.
Zudem stellt sich die Frage, ob es nicht wichtiger ist, dass die Wahrheitskommission überhaupt einmal kommen wird. Am 18. November 2011 hat Präsidentin Rousseff in einem offiziellen Akt die Unterzeichnung des Gesetzes für die Wahrheitskommission bekannt gegeben. Mehrere Hundert Gäste waren geladenen einschließlich einigen Politikern aus dem Ausland. In ihrer Ansprache honorierte Rousseff diejenigen Brasilianer, die im Kampf um Demokratie ihr Leben gelassen haben. Auch wenn man ihr kein außergewöhnliches Rednertalent zusprechen kann, so waren das doch bewegende Worte gesprochen von einer Frau, die drei Wochen Folter und mehr als zwei Jahre Haft überlebt hat.

Der vorliegende Beitrag ist eine aktualisierte und ausführlichere Version des Artikels von Nina Schneider: Das Schlusslicht Lateinamerikas? Neueste Auseinandersetzungen über die Militärvergangenheit in Brasilien, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft – ZFG, vol. 59 (2011), 641-53. Er ordnet Brasiliens Vergangenheitspolitik in den globalen Transitional Justice Prozess ein und berücksichtigt die neuesten Debatten über die jüngst ratifizierte Wahrheitskomission.

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