von Lutz Götze
Offiziell dauerte das Schreckensregime des Pol Pot und seiner Kumpane der Roten Khmer nicht einmal vier Jahre, genauer: vom 18. April 1975 bis zum 7. Januar 1979. Doch in Wahrheit brachte sich der Großteil der politischen Führung und des Militärs vor den anstürmenden vietnamesischen Truppen in westlicher Richtung in Sicherheit: Im Regenwald, nahe der thailändischen Grenze mit dem Hauptquartier in Anlong Veng, tobte der Terror weiter. 1998 starb dort Bruder Nr. 1, wie sich Pol Pot nennen ließ, friedlich. Das Morden freilich wurde fortgesetzt bis zum Jahre 2002; dann tauchten die noch lebenden Verbrecher in der kambodschanischen Gesellschaft unter. Die meisten leben 2010 immer noch, unbehelligt von Verfolgung oder Bestrafung. Fünf führende Repräsentanten des Democratic Kampuchea (DK) stehen derzeit vor Gericht, darunter Deuch, der Kommandant des Schreckensgefängnisses Tuol Sleng (S 21), in Phnom Penh, der als Einziger teilweise seine Schuld vor Gericht eingestand, freilich im gleichen Atemzug erklärte: »I´m only interested in my children, my stomach and God. There is no future of the Khmer Rouge, they´re finished.« (Kiernan 2002: X).
von Hans-Otto Hemmer
Eines der ganz wenigen Fotos aus der jüngeren Geschichte des DGB, das sich allgemein eingeprägt hat, zeigt den lachenden ÖTV-Vorsitzenden Heinz Kluncker, der dem DGB-Vorsitzenden Ernst Breit einen Kehrbesen überreicht. Das Foto wurde beim DGB-Kongress von 1982 in Berlin aufgenommen – kurz nach Breits Wahl zum neuen DGB-Vorsitzenden und Nachfolger Heinz Oskar Vetters. Es symbolisiert Klunckers Wunsch und Aufforderung, den Augias-Stall ›auszumisten‹, zu dem der DGB nach seiner Auffassung durch den Neue-Heimat-Skandal geworden war.
Breit wäre es sicher lieber gewesen, wenn diese Geste unterblieben und das Foto nicht entstanden wäre. Im Unterschied zu seinem Freund Kluncker fehlte ihm die Lust an der Provokation und es war ihm bewusst, dass er, wie alle seine Vorgänger im DGB-Vorsitz, auch in dieser exzeptionellen Lage ein Meister des Ausgleichs würde sein müssen. Ist er es geworden?
von Herbert Ammon
Im Kontext der bundesrepublikanischen Zivilreligion spielt die Erinnerung an den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer, am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg von einem SS-Standgericht verurteilt und qualvoll hingerichtet, keine herausragende Rolle. Zu erklären ist dieses Faktum mit dem Charakter der – entgegen der These von der ›Wiederkehr der Religion‹ – säkularen, postchristlichen
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G