
von Herbert Ammon
Die Dynamik der Ereignisse des Jahres 1989, die zum Mauerfall führten, traf die classe politica der alten Bundesrepublik, kaum anders als die SED-Führung in der DDR, wie ein Naturereignis. Von Differenzen in der politischen Rhetorik zur ›Offenheit‹ der Deutschen Frage sowie in der geschichtspolitischen Ausdeutung der deutschen Katastrophe 1933-45 abgesehen, hatten sich alle Parteien mit dem Status quo der deutschen Teilung abgefunden.
von Herbert Ammon
Die ideengeschichtlich schillernde Konservative Revolution steht noch immer als Synonym für die Verirrungen des deutschen Geistes, für alles, was einst Kurt Sontheimer als »antidemokatisches Denken in der Weimarer Republik« indizierte. Kenner der Materie, von Armin Mohler bis zu Stefan Breuer und Rolf Peter Sieferle, haben dagegen längst gezeigt, dass die in den zwanziger Jahren in Deutschland eklatierende Bewußtseinskrise, das Unbehagen an positivistischem Fortschrittsglauben, die Kritik an Kapitalismus und industrieller Massengesellschaft, die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie, kurz: die ideelle Revolte gegen das liberale System gesamteuropäische Dimensionen hatte.
von Christoph Jünke
Biografien waren einst den großen Männern der Geschichte vorbehalten und galten – je nachdem, welcher Weltanschauung man anhing – mal als die Krönung der geschichtswissenschaftlichen Kunst und mal als deren zu vernachlässigendes Hinterteil. Mit dem nachhaltigen Einbruch einer die strukturellen Klassengrenzen in Frage stellenden und auf allgemein menschliche Emanzipation zielenden Geschichtsschreibung ›von unten‹, und mit dem parallelen, sich damit gelegentlich überschneidenden, Aufstieg einer sich auf Strukturen konzentrierenden Geschichtsschreibung, kamen sie dann weitestgehend aus der Mode. Doch Moden ändern sich bekanntlich – und die Biografie ist mächtig en vogue Bei dem seit vielen Jahren vor sich gehenden Boom einer Rückkehr zur Biografie dürfte es sich aber weniger um einen schlichten Pendelschlag rückwärts handeln, als vielmehr um eine mindestens partielle Überwindung der beiden alten Dichotomien. Denn was eine Vielzahl dieser unterschiedlichsten Arbeiten auszeichnet, ist gerade ihre Verbindung von Sozial- und Individualgeschichte. Unverkennbar schlägt sich in ihnen die Tendenz nieder, Geschichte von der Strukturebene auf die Ebene realer Menschen und ihrer Rolle in der Geschichte herunter zu brechen – ein Ansinnen, das nachvollziehbar auch damit zusammenhängen dürfte, dass Menschen von einem solchen Blick Rückschlüsse erwarten über den eigenen Ort ›in der Geschichte‹ und die eigenen Möglichkeiten, ›Geschichte zu machen‹.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G