»Steinmeier außer Rand und Band« (Cicero): – Um es deutlich zu sagen: der Außenminister eines Landes, der den mittlerweile gewählten Präsidenten des Staates, von dem der eigene in allen wesentlichen Lebensbelangen – politisch, militärisch, ökonomisch, kulturell – abhängt, im Wahlkampf öffentlich als Hassprediger attackiert, ihm anschließend die Gratulation zur Wahl verweigert und schließlich im Spiegel-Interview verkündet: »… je eher wir wissen, wer in der neuen amerikanischen Administration außenpolitisch Verantwortung tragen wird, desto eher sind wir - hoffentlich - in der Lage, Anlass zur Sorge zu nehmen«, – ein solcher Außenminister ist angezählt und als Bundespräsident in spe nicht länger vermittelbar.
Er beschert seinem Land ein Problem, gerade weil er bislang nicht als Hitzkopf hervorgetreten ist und von vielen innerhalb und außerhalb Deutschlands als Stimme der Vernunft und der Besonnenheit in einer verfahrenen Welt verstanden wird. Wenn dies die Stimme der Vernunft ist, werden sich viele fragen, wie sieht dann die Unvernunft in einem Lande aus, das sich anschickt, als europäische Regionalmacht seinen Einfluss in der Welt diplomatisch und militärisch zu vergrößern? Unvergessen ist, dass derselbe Außenminister vor einigen Monaten Deutschland öffentlich als major power, als Weltmacht bezeichnete und damit in den Kreis der Konkurrenten der bestehenden, eifersüchtig ihre Privilegien bewachenden Weltmacht schob – ein Tabubruch der deutschen Politik, zu dem bisher jede innerdeutsche Diskussion ausblieb.
Was damals in scheinbarer Harmonie mit der Führungsmacht hingeschrieben wurde, bekommt plötzlich ein anderes Gesicht. Niemand sollte vergessen haben, dass Obamas Herabstufung Russlands zur Regionalmacht im Zuge des Ukraine-Konflikts das Rennen eröffnete, das beide major powers schließlich in die Sackgasse Aleppo mit steigendem Risiko einer direkten kriegerischen Konfrontation trieb. Man fragt sich, was von einem Regierungsapparat zu halten ist, der seine Unwissenheit über den kommenden Präsidenten der Vereinigten Staaten öffentlich eingestehen muss und aus der Ungewissheit über dessen künftigen Kurs heraus eine Politik der, höflich gesprochen, zögernden Hand präferiert. Vor allem deshalb, weil das Wort vom Hassprediger auch dem letzten Zeitungsleser vor Augen führt, woher die Unwissenheit letztlich stammt: teils aus ideologischer, teils aus personaler Voreingenommenheit, teils aus Umfragen-induzierter Selbstüberhebung und aus in die Jahre gekommenen Loyalitäten, die sich als fatal zu erweisen beginnen. Man hat auch nicht vergessen, wie eine frühere Regierung Merkel den Amtsantritt des nun scheidenden Obama verstolperte – zu welchen Kosten, darüber ließ sich bisher nur spekulieren. Vielleicht steht jetzt der zweite Versuch ins Haus: Deutschland ist ein starkes Land, wir schaffen das schon.