Grundsätzlich ist dieser Wiederaufbau-Fonds zu begrüßen. Ob es dabei um Kredite oder um verlorene Zuschüsse geht, ist noch offen; doch er wird so oder so kommen. Aber bei seiner Arbeit ist einiges zu beachten:
Die Bundesregierung scheint sich einiger dieser Probleme bewusst zu sein. Sie will verhindern, dass die Gelder pauschal an die Empfängerstaaten zur beliebigen Verfügung gehen. Es sollen vielmehr konkrete Projekte gefördert werden. Da fragt sich jedoch, ob der Apparat der EU das kann. Es hat sich wohl schon wiederholt gezeigt, dass sie die Durchführung geförderter Projekte nicht hinreichend kontrolliert. Da müssen also u.a. die Experten der Geberländer mit ran.
Schon die Auswahl der Projekte ist eine große Aufgabe: Die Empfänger-Länder dürften wohl das Vorschlagsrecht bekommen. Dann aber muss intensiv und unabhängig geprüft werden. Gerade bei ohnehin korruptions-auffälligen Staaten, in denen es mafiöse Strukturen gibt. Amigo-Wirtschaft, die Neigung von Politikern, bestimmte Wahlkreise zu bedenken, andere Wähler zu bestrafen, unsaubere Auftrags-Vergaben etc. – all das muss weitgehend verhindert werden.
Das Problem fängt aber schon bei der Verteilung der Mittel auf die Staaten an. Das Prinzip der Einstimmigkeit im Europäischen Rat steht vernünftigen Erwägungen entgegen. Aber selbst wenn es bei der Entscheidung zur Errichtung des Fonds angewandt werden müsste, sollte es bei den Folge-Entscheidungen nicht mehr gelten. Schon aus Zeitgründen. Es müsste ein Gremium geschaffen werden, das über die Verteilung entscheidet – und zwar mit gewichteten Stimmen und ohne Zwang zur Einstimmigkeit.Dies könnte ein Sonderausschuss des einschlägigen Ministerrats sein. Die Kommission dürfte sich über seine Beschlüsse nur mit Zustimmung des Parlaments hinwegsetzen.
Die Experten für EU-Recht werden jetzt die Köpfe schütteln: »Naiv! Nicht durchzusetzen.«
Recht haben sie. Doch: Die Reform der EU-Gremien steht ohnehin an. Und gerade der jetzige Zeitpunkt wäre dafür geeignet, das mit dem Druck, ohne den es nicht geht, zu machen. ›Wer zahlt, schafft an.‹
Die Probleme sind zu groß und die Verfahren, die EU aktionsfähig zu machen, sollten nicht auf -zig Verfassungs-Konvente verschoben werden. Es gibt für das Bewilligungsverfahren ja schon ein wunderbares Beispiel: Den Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM). Die Zahl der Stimmen richtet sich dort nach der Wirtschaftskraft eines Landes (Deutschland z.B. verfügt über knapp 27%). Und es gibt dort das Prinzip der Mehrheits-Entscheidungen! Leider gilt die Stimmen-Gewichtung nicht bei der EZB – ein Grund mehr, es künftig zur Regel zu machen.
Und der ESM gibt noch ein gutes Beispiel: Reformen im Empfängerstaat werden zur Bedingung der Bewilligung gemacht.