Die Corona-Krise und auch ihre Folgen stecken voller Ungewissheiten. Das muss Spekulationen fördern. Auch, was ihre Auswirkungen auf das Individuum, die Wirtschaft, die Gesellschaft, wie auf Politik und Demokratie betreffen. Idealer Nährboden für die Fernseh-Philosophen, -Soziologen, und -Sozialpsychologen, vor allem für jene, die gerne durch kühne Thesen auffallen wollen. Mit dabei natürlich auch diejenigen, die mit der Just-in-time-Produktion und der Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten gleich die ganze Marktwirtschaft abschaffen wollen.
Doch warten wir, ab, wie die Dinge in 14 Tagen oder 14 Monaten aussehen. So sicher es ist, dass sich durch die Krise einiges ändern wird, so zweifelhaft sind vorerst die Prognosen, dass sich fast alles ändern wird – oder gar ändern muss. Aber auch die Medien brauchen noch etwas Zeit, um zu entscheiden, wofür sie die Regierung kritisieren sollen: Ob diese nun zu wenig tue oder aber zu viel. Anne Will merkte vor ein paar Tagen an, dass auch sie noch nicht so weit ist. Aber gemach: Die Zeiten, in denen die einstige vierte Gewalt im Staat zur ersten geworden war, kommt bald wieder!
Das gilt auch für den Bereich Politik und Demokratie:
Die Vertrauenskrise in der Politik beruhte vor allem auf fehlendem Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politiker. Doch gerade das könnte sich ändern, da die Große Koalition, oft als handlungsunfähig gescholten, sich jetzt bewährt hat. Ob das Vertrauen bleibt, ist zwar offen, doch selbst wenn nicht, hätte sich immerhin bewiesen, wie kurzfristig sich Schwankungen im Vertrauen der Bürger ergeben.
Von der Gefahr einer Krise der Demokratie selbst mag ich nicht reden. Die Bürger wollen zwar eine starke Führung, doch eine, die zugleich ihre Handlungs-Optionen und deren mögliche Folgen transparent macht. Sie wollen also alles verstehen und demokratisch entscheiden können, nicht aber dem ›starken Mann‹ besinnungslos folgen.Wichtig für die Einstellung zu Politik und Demokratie ist auch das Verständnis für deren Komplexität. Fehlt dieses, so profitieren die radikalen Populisten davon. Wie es um dieses Verständnis in der gegenwärtigen Krise steht, ist noch offen.
Doch möglich ist immerhin, dass gerade die Corona-Krise Vielen zeigt, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Und auch, dass zwischen dem Rechtsgut Schutz der Menschen einerseits und der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von gesellschaftlichen Institutionen sowie der Wirtschaft sorgfältig abgewogen werden, also stets ein Kompromiss gefunden werden muss. Prioritäten zu setzen ist das eine, einseitige Lösungen auf Dauer das andere.
Populistische Parolen verfangen da nicht. Die Krise zeigt z.B.: Wir brauchen ausländische Arbeitskräfte – im medizinischen Bereich, samt Pflege, solange sie qualifiziert oder qualifizierter sind. Aber auch saisonale Helfer in der Landwirtschaft.
Und noch etwas:
Die Corona-Krise wird auch unser Verständnis der Natur korrigieren: Bisher wurde von manchen der ›Frieden mit der Natur‹ absolut gesetzt. Lasst die Natur nur wirken, wie sie will. Eine sehr romantische Vorstellung (freilich gingen selbst die Romantiker des 19. Jahrhunderts von einer Kultur-Landschaft aus. Der ›Taugenichts‹ wanderte lieber auf geordneten Pfaden als durch das dichte Gestrüpp).
Doch jetzt sehen die Menschen, dass die Natur, so sehr wir uns auch um ihre Erhaltung kümmern müssen, nicht nur unser Verbündeter ist, sondern auch unser Feind sein kann. Das gilt nicht nur für Erdbeben, Vulkan-Ausbrüche und Sturmfluten, für uns gefährdende Raubtiere, für giftige Pflanzen und Giftschlangen. Die Natur enthält und produziert Bakterien, die teils nützlich, sogar lebensnotwendig sind, teils uns aber auch schaden. Das gilt erst recht für die von ihr produzierten Viren. Und an diesem Problem, an dieser Aufgabe der Differenzierung, geht die grüne Politik natürlich vorbei.
Zum Schluss etwas ganz Banales:
– Angesichts der Tatsache, dass das Virus von Fledermäusen ausgeht, wird in Zukunft wohl keiner mehr mit den Fledermäusen erfolgreich gegen den Bau einer Brücke agitieren können.
– Die Bemühungen, Gegenmittel zu Krankheiten zu finden, sollten künftig auch die selbsternannten Tierschützer zu der Einsicht bewegen, dass Tierversuche notwendig sind.