Das Leben der Edith Stein in 19 Kapiteln mit einem Nachwort. Klaus-Rüdiger Mai, geübter Verfasser von Prominenten-Biografien, nennt seine Biografie der ›Philosophin, Märtyrerin und Heiligen‹ die Geschichte einer Ankunft. Die helle Ankunft vollzieht sich – nach Kindheit, Studium und frühen philosophischen Erfolgen im Umkreis der Husserlschen Phänomenologie – im Dreischritt: ›Entdeckung‹ Thomas von Aquins und der Scholastiker, Übertritt vom jüdischen Glauben zum Katholizismus, Eintritt (1933) in den Orden der Unbeschuhten Karmeliten. Ihr folgt die dunkle Ankunft in Auschwitz Birkenau, wo sie, vermutlich am 9. August 1942, als Jüdin und Christin ermordet wird. – Mais mitfühlender Gang durch die Wendungen und Windungen dieses Lebens liebt das kleine, selten unbedeutende Detail. Es dauert seine Zeit, bis der Leser sich den Gedanken der selbständigen Denkerin und Konvertitin nähert. Bis dahin ist viel Dramatik im familiären und akademischen Format zu bewältigen. Mai liebt das Mittel der Gegenüberstellung und zeichnet so bisweilen scharfe Miniaturen von Personen, für die man sonst die Philosophiegeschichte bemüht. Neben den Berühmtheiten des damaligen Wissenschaftsbetriebs erkennt der Leser in allerlei Fußvolk die Allerweltswissenschaft wieder, deren Riten sich bis heute wenig geändert haben. Versteht man Edith Stein nach dieser Lektüre besser? Bei aller Liebe zum Detail verbleibt der Biograf in emphatischer Distanz zu seiner Hauptperson – und reflektiert damit auf seine Weise die Beklommenheit des Nachgeborenen, die angesichts eines solchen Schicksals nicht vergehen will.