von Kay Schweigmann-Greve
Kritidis, Gregor: Wolfgang Abendroth oder »Rote Blüte im kapitalistischen Sumpf«, Karl Dietz Verlag Berlin, 2015, 159 Seiten.
Ein schmales Bändchen mit einer instruktiven biographischen Skizze und ausgewählten Texten Abendroths selbst stellt den streitbaren sozialistischen Staatsrechtslehrer, Juristen der Gewerkschaften und Streiter für die Demokratisierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in gut lesbarer Form vor. Auf 44 Seiten wird stark konzentriert das Leben Abendroths mit seinen Wendungen und Widersprüchen dargestellt:
Aus einer sozialdemokratischen Lehrerfamilie stammend engagierte sich der 1906 Geborene zunächst im sozialistischen Flügel der Jugendbewegung und stand dabei der KPD näher als der SPD. Über die ›Freie Sozialistische Jugend‹ gelangte er in den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands KJVD. Als dieser sich in Frankfurt, seinem damaligen Wohnort, 1923 spaltete, gehörte Abendroth zur linkskommunistischen Opposition und verließ damit das Parteienspektrum der KPD. (Die ausführliche Darstellung von Abendroths publizistischer Tätigkeit in der Jugendbewegung wird ermöglicht, durch den 2006 erschienenen ersten Band seiner Gesammelten Schriften, in dem die Beiträge in den verschiedenen jugendbewegten Blättern erstmalig wieder greifbar sind.)
Abendroth studierte Jura und engagierte sich in diesem von nationalistischen Studentenverbindungen geprägten Umfeld in der parteiübergreifenden ›Freien Vereinigung Sozialistischer Studenten‹ und der ›Roten Hilfe‹, die inhaftierte Gewerkschafter und Aktivisten der KPD, aber auch der oppositionellen Splittergruppen, die zwischen SPD und KPD standen, verteidigte. Außerdem war er Mitglied im ›Proletarischen Freidenkerverband‹. Der Schwerpunkt seiner Aktivitäten lag ab 1926 beim ›Bund der Freien Sozialistischen Jugend‹, in dem sich Aktive sowohl aus der bürgerlichen, als aus der proletarischen Jugendbewegung zusammengefunden hatten. Dort setzte sich Abendroth auch mit den in der bündischen Jugend stark vertretenen Anhängern der ›konservativen Revolution‹ und des ›Nationalbolschewismus‹ wie Karl Otto Paeltel auseinander und protestierte gegen die Vertreibung des kritischen Philosophen Theodor Lessing von der Universität Hannover.
Abendroth bewegte sich im Umfeld des Frankfurter Institutes für Sozialforschung, dass damals eine starke Ausstrahlung auf die theoretischen Diskussionen der unterschiedlichen marxistischen Strömungen entfaltete. 1927 trat er erneut in die KPD ein, lies sich jedoch in seiner gedanklichen Eigenständigkeit nicht einschränken: Im gleichen Jahr wechselte er an die Universität Münster, um bei dem Neukantianer Karl Vorländer und dem reformierten evangelischen Theologen Karl Barth zu studieren. In einem Artikel über die Fraktionskämpfe innerhalb der KPdSU ergriff er Partei für die dort gerade ausgeschlossene Opposition und forderte eine vom Staate unabhängige Klassenpartei des Proletariats und der Dorfarmut in der UdSSR. An anderer Stelle kritisierte er, dass Lenin in seiner Kritik der Religion seinerseits atheistische Glaubensbekenntnisse an die Stelle der Analyse der sozialen Wurzeln religiösen Denkens setze und dessen revolutionäres Potential übersähe. Die Mitgliedschaft in der KPD währte nicht lange: Ende 1928 sah man Abendroth auf einer Veranstaltung, auf der August Thalheimer, der theoretische Kopf der antistalinistischen KP-Opposition sprach, daraufhin wurde er aus der KPD ausgeschlossen. An Thalheimer, dem er in die intellektuell einflussreiche Splittergruppe der KPO folgte, schätzte er dessen Ablehnung der ›Sozialfaschismusthese‹, mit der die KPD seit 1929 die Sozialdemokraten zum politischen Hauptfeind erklärte und ein gemeinsames Vorgehen gegen den erstarkenden Nationalsozialismus unmöglich machte, sowie auch dessen Faschismusanalyse, die in der faschistischen Bewegung eine Sammlung der Deklassierten aller Klassen unter der Losung des völkischen Nationalismus sah und diese als eine von den kapitalistischen Interessengruppen durchaus unabhängige politische Kraft betrachtete. Diese Position stand im Gegensatz zur wenige Jahre später ausformulierten und vom offiziellen Kommunismus jahrzehntelang vertretenen ›Dimitrow-These‹ vom Faschismus als der ›offenen terroristischen Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.‹
1933 wurde Abendroth gemeinsam mit seinem Doktorvater, dem Staatsrechtler Hugo Sinzheimer, kurzzeitig verhaftet und aus dem Referendardienst entlassen. 1936 promovierte er dennoch in Bern über ein völkerrechtliches Thema, dass die Rechte der kolonialisierten Völker bekräftigte und im scharfen Gegensatz zum Machtnihilismus der zeitgenössischen NS-Rechtslehre stand.
Abendroth, der eine Stelle bei einem privaten Berliner Bankhaus gefunden hatte, beteiligte sich am Widerstand der KPO und der Gruppe ›Neu Beginnen‹, die sich um das Zusammengehen von SPD und KPD bemühten, außerdem publizierte er unter Pseudonym politische Analysen in der Schweiz. 1937 wurde er am Arbeitsplatz verhaftet und noch im gleichen Jahr zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Die physischen und psychischen Langzeitfolgen der Verhörmethoden der Gestapo bezeichnete er später als seine persönlichen ›objektiven Konsequenzen des Dritten Reiches‹, die er zu tragen habe. Noch in der Untersuchungshaft unternahm er einen Selbstmordversuch, seine Verlobte Berta Pitschner beging angesichts ihrer drohenden Verhaftung Selbstmord. Nur durch Glück und den Einsatz seiner Mutter entging er nach der Entlassung aus dem Zuchthaus der Haft in einem KZ.
Zu Beginn des Jahres 1943 wurde Abendroth wie viele andere Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten in eine 999-Strafdivision eingezogen. Seine Einheit wurde auf die griechische Insel Lemnos in der Ostägäis verlegt, wo er Kontakt mit der Widerstandsbewegung EAM aufnahm. Er versorgte die griechischen Partisanen mit falschen deutschen Ausweisen und ein griechischer Arzt der Widerstandsbewegung rettete nach einer Verletzung Abendroth inkognito das Leben. Ein früherer Haftkammerad, Werner Illmer, der zu den Partisanen überlief, wurde von der Wehrmacht entdeckt und erschossen. Nach dem Rückzug der Wehrmacht aus Griechenland verlangten die Briten die Auslieferung der deutschen Überläufer und Abendroth, der sich weigerte dem britischen Geheimdienst Informationen über die EAM zu liefern, wurde als Kriegsgefangener interniert. Im Lager in Ägypten organisierte er – zum Missvergnügen der Briten – gemeinsam mit dem Juristen Herbert Komm eine ›Wüstenuniversität‹. Die Briten nahmen es den bekennenden Antifaschisten übel, dass sie sich standhaft weigerten, Wehrmachtsoffiziere als Dozenten an ihrem Projekt zu beteiligen.
Noch in britischer Kriegsgefangenschaft trat Abendroth 1946 der SPD bei. Nach seiner Entlassung im November 1946 ging er zunächst nach Marburg, wo er Lisa Hörmeyer, mit der er sich kurz vor seiner Einberufung verlobt hatte, heiratete. 1947 gingen sie in die SBZ, wo seine Eltern lebten. Dort konnte er sein zweites Staatsexamen nachholen und sich habilitieren. Schnell machte er beruflich Karriere: Regierungsrat in der Justizverwaltung in Brandenburg und dann Professor für öffentliches Recht in Leipzig. Dennoch wurde er nicht Mitglied der SED, sondern blieb insgeheim Mitglied der westdeutschen SPD. Als 1948 ein Kurier des Ostbüros der SPD verhaftet wurde, verließ er mit seiner Frau und der einjährigen Tochter fluchtartig die sowjetische Zone und wurde bereits im Dezember 1948 ordentlicher Professor der Politikwissenschaft in Marburg. Der Marburger Dekan, NS-Jurist und Verfasser des maßgeblichen Kommentars zum Militärstrafrecht Erich Schwinge, verhinderte seine Berufung auf einen juristischen Lehrstuhl, den Abendroth vorgezogen hätte.
Abendroth war einer der ganz wenigen Demokraten und Linken unter den vielen braunen Ordinarien, die die ganzen Fünfziger- und auch noch die Sechzigerjahre über den Universitätsbetrieb in Deutschland dominierten. Umso wichtiger war er als Mitbegründer der Politikwissenschaft in Deutschland für die nächste Generation kritischer Professoren, wie z.B. Joachim Perels, Sohn des 1945 hingerichteten Widerstandskämpfers Friedrich Justus Perels von der Bekennenden Kirche, oder auch Arno Klönne und Jürgen Habermas, dessen Habilitierung er durchsetzte.
In den kommenden Jahrzehnten spielte Abendroth bei den erfolglosen Versuchen eine Restauration in Westdeutschland zu verhindern eine wichtige Rolle. Zunächst bemühte er sich, die Möglichkeiten einer Wiedervereinigung offenzuhalten, da eine demokratisch-sozialistische Entwicklung nur in einem Gesamtdeutschland möglich wäre, nicht in einem westdeutschen Teilstaat, der fest in den kapitalistisch organisierten Westen integriert sein würde. Ein wichtiger Punkt der Auseinandersetzung war sodann der Streit darüber, ob die BRD in staatsrechtlicher Kontinuität zum Deutschen Reich stehe – mit der Konsequenz, dass alle braunen Beamten wieder einzustellen waren und alle während der NS-Zeit erworbenen Pensionen fortbestanden. Ohne diese Fiktion hätte ein erheblich größerer politischer Handlungsraum für eine grundsätzliche Umgestaltung bestanden und wäre ein Neuanfang ohne die vielen NS-Täter in Verwaltung und Justiz möglich gewesen. So konnten ehemalige Richter am Volksgerichtshof Richter am Bundesgerichtshof werden, NS-belastete Richter bildeten den Kern der ›neuen‹ Justiz und verhinderten aktiv jahrzehntelang die Bestrafung der meisten NS-Täter durch deutsche Gerichte.
Ein weiterer Punkt der Auseinandersetzung war der Streit um das Betriebsverfassungsgesetz und die Mitbestimmungsgesetze für die Montanindustrie und sonstigen Großunternehmen, in dem Abendroth der juristische Vertreter der Gewerkschaften war. Bei der Frage, in welchem Maße die Arbeiter durch Betriebsräte und Vertreter im Aufsichtsrat über Belange ihres Unternehmens mitbestimmen dürfen, wurde um das Wesen der neuen Republik gestritten. Der Kalte Krieg und die Anpassung der SPD an die restaurativen Verhältnisse ließen eine sozialistische Politik, wie sie Abendroth vorschwebte in immer weitere Ferne rücken. Abendroth blieb dennoch Mitglied der SPD, obwohl diese sich von seinen Vorstellungen eines reformistischen Marxismus immer weiter entfernte.
Seine politische Analyse der Bundesrepublik stand in der Tradition der alten Sozialdemokratie des Kaiserreiches, wie sie von August Bebel, Karl Kautsky und Rosa Luxemburg vertreten wurde. Aktualisiert um die Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus bedeutete dies: Im Falle einer ernsthaften sozioökonomischen Krise sei damit zu rechnen, dass sich die Herrschenden wieder ›über den von der Verfassung vorgegebenen Rahmen hinwegsetzen und in autoritäre Formen gesellschaftlicher Herrschaftsausübung zurückfallen.‹ In dieser Situation müsse die Arbeiterklasse den Angriff auf die sozialen und demokratischen Fundamente des westdeutschen Staates zurückschlagen und eine sozialistisch-demokratische Transformation der Gesellschaft in die Wege leiten. Hierfür setzte er nur geringe Hoffnungen in die SPD, Subjekt dieser Auseinandersetzung konnten für ihn nur die Gewerkschaften sein, die er als »Hüter und Schule der Demokratie« (Kritidis, S. 28 f.) betrachtete. Die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik – demokratische Staatsform und kapitalistische Wirtschaftsordnung – war nach seinem Verständnis ein zerbrechlicher historischer Kompromiss: Eine kapitalistische Wirtschaftsordnung tendierte für ihn immer zur Abschaffung der sozialen Errungenschaften, die ihr ja zuvor in schweren Kämpfen abgerungen worden waren, und zur Aushöhlung demokratischer Strukturen, die ja zumindest die Möglichkeit enthalten, (vergl. Art. 15 GG) zu anderen Formen gesellschaftlichen Eigentums fortzuschreiten. Sozialisten und Demokraten haben dagegen das Interesse, Sozialstaat und Chancengleichheit auszubauen und auch die Wirtschaftsordnung einer demokratischen Kontrolle zu unterwerfen. Von dieser Warte aus führte er seinen Kampf gegen die Widerbewaffnung, für die Arbeitnehmermitbestimmung und später gegen die Notstandsgesetze.
In den Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren wurde es um Sozialisten wie Abendroth einsam: Was sich links von der SPD bewegte, unterlag scharfer gesellschaftlicher Ausgrenzung und dem automatischen Verdacht, Agent der DDR zu sein. Selbst das SPD-Parteibuch schützte den Kritiker der formierten Gesellschaft des Adenauerdeutschlands nicht vor Diffamierung und Verleumdungen. Das bekamen sogar Abendroths Kinder in ihrem Schulalltag zu spüren. Wie sehr Abendroth inzwischen am Rande der SPD stand, zeigte sich daran, dass er zwar auf Bitten der hessischen Jusos einen Gegenentwurf zum Godesberger Programm verfasste, aber für den Parteitag, auf dem das neue Programm diskutiert und beschlossen wurde, nicht einmal ein Delegiertenmandat erhielt. 1961 mit dem Ausschluss des SDS – dem Tiefpunkt innerparteilicher Diskussionskultur in der SPD – verließ Abendroth die Partei. »Irgendwo«, schrieb er seinem Freund Ossip K. Flechtheim, »muss einfach die Kapitulation vor bürokratischem Größenwahn ihre Grenzen haben.« (Kritidis, S. 42.) Mit der Bildung der großen Koalition unter dem Ex-Nazi Kiesinger sah Abendroth die Gefahr der Etablierung eines neuen autoritären Staates gegeben, entsprechend engagiert war sein Einsatz für die entstehende außerparlamentarische Opposition.
Den Einmarsch der UdSSR in die Tschechoslowakei verurteilte er, der neu gegründeten DKP trat er nicht bei. Trotz seiner Kritik an der UdSSR hielt er jedoch an der These vom historisch ›objektiv fortschrittlichen Charakter‹ der Sowjetunion – trotz aller Deformation des dortigen Sozialismus – fest, ihre Existenz dürfe im Interesse des Weltfriedens nicht gefährdet werden. Obwohl viele Abendrothschüler und ein wesentlicher Teil der Studentenbewegung in den nächsten Jahren ihre politische Heimat in der DKP fanden, engagierte er sich im 1969 in Offenbach gegründeten ›Sozialistischen Büro‹, dessen Zeitschrift links in den Siebzigerjahren versuchte, fraktions- und organisationsübergreifend Diskussionszusammenhänge herzustellen und sich von dogmatischen Positionen – nicht nur der DKP, sondern auch der zwischenzeitlich entstandenen maoistischen K-Gruppen (KBW, KABD usw.) – abzugrenzen und die Diskussionen der Protestbewegungen des Ostermarsches und der Anti-Notstandsgesetze fortzuführen. Abendroth wies eine platte Parteinahme für den ›freien Westen‹ ebenso zurück, wie eine vorbehaltslose Unterstützung des ›Realsozialismus‹: »Seine Verteidigung der freien Meinungsäußerung und seine Forderung auf Verzicht auf Repressionsmaßnahmen bei gleichzeitigem Verständnis gegenüber den politischen Interessen der DDR charakterisierte dabei auch seine Interventionen für Wolf Biermann, Jürgen Fuchs und Rudolf Bahro in den Siebzigerjahren.« (Kritidis, S. 50)
Das linke außerparlamentarische Spektrum differenzierte sich aus und verlor sich in endlosen ideologischen Streitigkeiten: Neben DKP und Maoisten aktualisierte sich die libertär und anarchistisch inspirierte Diskussion um Formen der Rätedemokratie als Alternative zum Parlamentarismus, die bei ihm jedoch auf wenig Sympathie stießen. Aus einer Position zunehmender Nähe zur DKP konnte Abendrot seit den Siebzigerjahren seine frühere Rolle als diskursiver Bezugs- und Verbindungspunkt der gesamten sozialistischen Linken immer weniger wahrnehmen. Dennoch kann man Gregor Kritidis in seinem Schlussresümee nur zustimmen, wenn er feststellt: »Es gibt nur wenige Intellektuelle, deren Biographie mit der wechselvollen und widersprüchlichen Geschichte der Linken in Deutschland so eng verbunden ist, wie die Wolfgang Abendroths«. Dies gelte für seine radikaldemokratisch-sozialistischen Positionen ebenso wie für deren spätere Modifikationen und Relativierungen. Hier spiegelt sich, so muss man hinzufügen, die Marginalisierung traditionell marxistischer Positionen, die schon in Abendroths Todesjahr 1985 immer weniger in der Lage waren, gesellschaftliche Entwicklungen zu erklären und Perspektiven für unsere vom Neoliberalismus, schrumpfender Bedeutung der klassischen Industrie und dem daraus folgendem Bedeutungsverlust der Industriearbeiterschaft sowie durch die Globalisierung geprägte Gesellschaft zu entwickeln.
Liest man die in dem Bändchen enthaltenen Texte Abendroths, so fallen zunächst die harte Sprache und die kaum noch gewohnte Terminologie auf. Dennoch beeindruckt die Sorgfalt der Analysen und die Stringenz der Argumentation. Sechs Jahrzehnte nach der Abfassung z.B. von Zur Funktion der Gewerkschaften in der westdeutschen Demokratie (1952) ist seine Beschreibung der unheilvollen Einflussnahme ›nicht demokratisch legitimierter Partikularinteressen‹ – der Lobbyarbeit von Industrie und Wirtschaft – nicht nur auf die gewählten Parlamentarier, sondern genauso auf Landes- und Bundesregierung und die Verwaltung von unveränderter Aktualität. Liest man seine Analyse der Bedeutung der sozialen Kohärenz der Eliten in Staat, Justiz und den Führungsrängen der Wirtschaft (und der Bedeutung des studentischen Verbindungswesens), so kann man ermessen, welche enorme Bedeutung für die Festigung der Demokratie in Westdeutschland die Bildungsreform hatte. Seine Verortung der Gewerkschaften im politischen System zeigt das Potential politisch bewusster Gewerkschaften, die sich weder zu eng mit einer Partei verbinden, noch in der Vertretung der Arbeitnehmer auf Entlohnung und Arbeitsbedingungen beschränken dürfen.
Abbildung: Wolfgang Abendroth 1929 - Bildrechte beim Offizin Verlag