Keinen inhaltlichen Schwerpunkt, aber eine neue Rubrik weisen die Macherinnen und Macher von »Arbeit – Bewegung – Geschichte« im neuen Heft 2019/II aus. Unter ›Geschichtskultur‹ sollen künftig hierin gesellschaftliche Akteure wie Geschichtsinitiativen, selbstverwaltete Archive, unabhängige Projekte zu Worte kommen, aber auch »Rezensionen zu Filmen und Theaterstücken mit historischem Bezug zu Arbeit, Arbeiterbewegung und sozialen Bewegungen sowie Berichte über Ausstellungen ihren Platz finden«, wie es im Editorial heißt. Insgesamt versucht die Redaktion offenbar, die in vielen vergleichbaren Zeitschriften sichtbare Sphärentrennung zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft aufzulösen und zu einer Öffnung hin zu einem handlungs- und kulturorientierten Umgang mit der Geschichtswissenschaft zu gelangen.
Dresden 1919. Wer kennt Marie Stritt? Wer kennt Gustav Neuring? Wer weiß überhaupt etwas davon, wie uns die Kommunisten Geschichte vorlogen?
Vor zwei Jahren bat mich ein Journalist der »Freien Presse« um ein Statement zum Vorhaben der sächsischen Staatsregierung, die Jubiläen Revolution 1919 und Friedliche Revolution 1989 miteinander zu verknüpfen. Darauf war ich aus dem Stand nicht vorbereitet. Die Ereignisse nach 1918 waren mir nicht so präsent, dass ich mich in der Lage sehen konnte, die Verknüpfung eindeutig zu bejahen. Zwar fielen mir sofort die Genese der sächsischen Untertanen zu Bürgern des Freistaates Sachsen, das Erringen der Demonstrationsfreiheit, die Einführung des Frauenwahlrechts und die Einführung der kommunalen Selbstverwaltung ein. Auch waren mir die 1918/19 sofort einsetzenden Kämpfe von ganz links und ganz rechts gegen die neuen demokratischen Verhältnisse bewusst. Der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, der Kapp-Putsch 1920 von Rechtsaußen und ›Deutscher Oktober‹ 1923 von Linksaußen unter dem Klima von SPD/Russlandgesteuerter KPD-Koalitionen in Thüringen und Sachsen sollen hier als Stichworte genügen. Last but not least, auch hatte ich die Revolution 1918/19 weder für Deutschland noch so richtig friedlich für Sachsen in Erinnerung.
von Gunter Weißgerber
Nun also auch Theo Waigel. In verschiedenen Interviews und Talkshows drückt er sein Bedauern darüber aus, »… dass wir die SED nicht verboten haben«. Wie das? Der konservative Bayer ist als grundgesetzfest bekannt, als Realpolitiker ebenso. Theo Waigel weiß um die zivilisatorische Errungenschaft des Parlamentarismus, die Parteienverbote durch Parlamente ausschließt. Keine Partei, kein Parteienbündnis vermag Konkurrenz zu verbieten. Über das Auf und Ab von Parteien hat das Wahlvolk das letzte Wort. Das muss auch so bleiben.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G