... neulich im Einstein
war von einem Gespräch zu lesen, dass die Buchvorstellung von Thomas Karlaufs Stauffenberg-Porträt begleitete. – Dabei spreizte sich, wie das Friedrich Georg Jünger genannt haben würde, ›Histrionengeschmeiß auf hohem Kothurn‹; und die – nun grünen – Zeigefinger nach oben sahen exemplarisch im George-Jünger Claus Graf von Stauffenberg bloß eine charakterologisch mittelmäßige Person, die sich eher ihrer eigenen juvenilen NS-Offenheit zuzuwenden habe (halten die das auch dem BDM-Jungmädel Sophie Scholl vor?!), – als … ja als was?
Sich mit seinem Leben in die Schanze zu werfen, als Soldat einen Eidbruch zu begehen und seinen obersten Kriegsherrn in seinem Hauptquartier anzugreifen? Keine Spur von Begreifen bei den heute Angesagten dieses schon seinerzeit fremden, antipolitischen Ethos. Stauffenbergs Tat wird mit neuer überlegener moralischer Gesinnung, unterstützt von mangelhaftem kulturhistorischem Wissen kritisiert, gar zurückgewiesen (und der Attentäter so von oben herab beiseite gewischt … wie einst schon von seinem Ankläger!). – Der Füsilierte mit seiner Vision vom Geheimen Deutschland sei ohnehin kein Demokrat gewesen. Wie fern dessen neue grüne Vormünder schon lexikalisch der Alltagskultur des ›Geheimen Deutschland‹ stehen, zeigt eine grammatische Quisquilie: da hat der eine Diskutant das gehörte Wort ›Corps‹ mit männlichem (sic!) Artikel ausgestattet? Weil er wohl dachte, ›Corps‹ sei eine Art ›Xangsverein‹?
Die da so über einen auf-verlorenem-Posten, einen Freien Geist fremd und ohne Empathie urteilen, über einen, der ›anders denkt, als man von ihm auf Grund seiner Herkunft, Umgebung, seines Standes und Amtes oder auf Grund der herrschenden Zeitansichten erwartet‹ (Nietzsche), sollten doch ganz entspannt bemerken und akzeptieren, das er nicht Ihresgleichen ist, – heute kaum ›Irgendjemandesgleichen‹. Aber warum haben sie (jedenfalls einer der Diskutanten) den Attentäter und George-Verehrer umgangssprachlich – und literarisch grotesk – mit dem (Hofmannsthalschen) Jedermann assoziiert? Vergessen Wolfskehls Zu Schand und Ehr? »DASS EDLE waren, nicht bloß Fugvergessne, / Hell-Hellasäugige, nicht nur Wahnbesessne – / Wenige? Scharen? Zählt nicht! Ehrfurcht beugt / Mein Knie, wenn wer mit Blut fürs Ewige gezeugt.«
Beide grünen Gesprächspartner, die sich wohl nicht einmal trauen würden, schon Verordnungen und Gesetze über Mülltrennung zu übertreten, wollen dem Obristen Stauffenberg, ›Stauffenbergs Not‹ (Hartmut v. Hentig) vormundschaftlich erklären, was existentielle Entscheidungen sind?
Kurzum: Karlaufs Buch verdient höhere Aufmerksamkeit. – Die vorgängige Frage wäre: Was will man mit einer Buchpräsentation erreichen? Ist alles nur dafür da, an einer grünen Kulturwende mitzuarbeiten? – Wenn es vorrangig um das schöne Buch Karlaufs gegangen wäre, dann war Auswahl der Lesekritiker unglücklich. Würde man denn für die sachkundige Vorstellung einer Biographie des Bergsteigers George Mallory (1866-1924) zwei Querschnittsgelähmte einladen? – Es sei denn sie seien am Berg verunfallt...