… neulich im Einstein
wurde ich von einer gefakten Nachricht in sozusagen ›eigener Sache‹ überrascht. – Ich war als Gast zu einem Vortrag im »Institut f. Staatspolitik« (Schnellroda) eingeladen. Ein Reporter von MDR S-A protokollierte nun dabei etwas, was er nicht gesehen haben kann: ich sei – offenbar von der ›Theorie‹ zur ›Praxis‹ übergehend – bei einer Konfrontation zwischen ›Rechtsextremen‹ und ›Anwohnern‹ (von ihm) gesehen worden … Aber als das begann – nachmittags – war ich längst nicht mehr am Ort des Geschehens.
Die Quellen für die ›Nachricht‹ des Reporters waren offensichtlich
a) das dort im Seminarraum ausliegende Programm des Wochenendseminars und
b) Wikipedia (darauf verweist die Altersangabe, die dem dort vor die Tür Tretenden zugewiesen wurde), und dort wird u.a. in meinem Lebenslauf auch mein Kondiaf-Bezug ausgewiesen.
Ich bin natürlich nicht ›als Repräsentant‹ von Kondiaf und/oder einer Universität aufgetreten. Ob einer der dort Vortragenden überhaupt ›im Namen von irgendetwas‹ auftrat, weiß ich nicht, da ich nur zu meinem Vortrag (Samstag 11—13 h) dort anwesend war. – Kurzum: darf ich das, was der MDR S-A hier berichtet, einen fake nennen? – Die Tatsache (und der Inhalt) des Vortrags allein schienen nicht deliktrelevant zu sein, – also wurde das kontaminiert und zusammenkonstruiert mit politischen ›rechts/links‹-Straßenaktionen dort am Ort.
Darauf hinzuweisen scheint mir zunächst einmal nachrichtenhygienisch wichtig, demzufolge öffentliche Informationen einen gewissen Objektivitätsbestand ausweisen sollten und nicht bloß der Einfalt gefällt-mir / gefällt-mir-nicht folgen. Aber: der Bericht insinuiert einen Zusammenhang zwischen dem Vortrag im Seminar und (für mich) absolut unzulässigen politischen Landfriedensbrüchen!
Das bringt mich zu der wohl wichtigeren Frage: darf man aus ganz privaten Erwägungen heraus – als Bürger – überhaupt Einladungen dieser Observanz annehmen? Darf man das aus allein lehr- und meinungsfreiheitlichen Gründen abwägen, oder muss man politisch-moralische Meinungslagen anderer ins Kalkül ziehen?
Wenn ich mich (warum eigentlich?) erklären müsste, dann könnte ich versichern, dass sich meine öffentlichen Lehr- und Meinungsäußerungen auch künftig aller parteipolitik-bewegter Zuneigungen enthalten werden. Ich scheue natürlich keine Diskussionen mit anderen (auch ›rechten‹) Meinungen, trete auch künftig, wenn ich, wie diesmal, eingeladen werde, in solchen Seminaren und Lehrveranstaltungen auf. Da folge ich der Maxime des Namensgebers unseres Kondylis-Instituts vom polemischen Charakter des Denkens. (Die Aufklärung, Cotta 1981, S. 19 ff.)
Eins aber mache ich nie wieder (das habe ich unter Druck bis 1989 gelernt): nie wieder richte ich mein Denken nach dem Imperativ: ›Das-musst-Du-politisch-sehen‹. Wie ich das schon in Zeiten der DDR praktiziert habe, könnte man jetzt nachlesen in: Hans-Christoph Rauh: Philosophie aus einer abgeschlossenen Welt, Ch. Links Verlag Berlin 2017, S. 619, und hier bes. FN Nr. 230.
Also: Ich will weiter spinozistisch mit der Vermutung leben: »In einem freien Staat ist jedem erlaubt, zu denken, was er will, und zu sagen, was er denkt«.