von Hans von Storch
Im Zusammenhang mit COP26 in Glasgow wurde ich von einem dänischen Journalisten gefragt, welche positiven Seiten in der bisherigen internationalen Klimapolitik ich sähe. Hier meine Antwort, die gekürzt am 11. November 2021 in Kristeligt Dagblad im Zuge des Beitrages Trods dommedagsprofetier er der grund til klimaoptimisme veröffentlicht wurde
»Es gibt nicht nur positive Seiten. Aber es ist eine gute Idee, auch über die positiven Seiten zu sprechen. Vier positive Elemente fallen mir ein.
Erstens ist ein weltweites Bewusstsein für das Problem entstanden, das es so vor 20 Jahren noch nicht gab. Dieses Bewusstsein entstand, als James Hansen 1988 in den Vereinigten Staaten darauf hinwies, dass die damalige Hitzewelle vom Menschen verursacht sein solle. Bis Ende der neunziger Jahre haben wir das verschlafen, aber seitdem ist das Bewusstsein gestiegen und hat mit Greta Thunberg seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Das bedeutet aber auch, dass es eine Tendenz gibt, alle möglichen Phänomene dem Klimawandel zuzuschreiben, was dumm ist. Das Wetter hat sich schon immer ab und an extrem verhalten, und etwa die großen Schäden der Überschwemmungen in Deutschland in diesem Sommer hatten vor allem mit mangelnder Vorbereitung zu tun.
Zweitens sind die Treibhausgasemissionen geringer, als sie ohne diese Klimapolitik gewesen wären. Die Hauptursache für den Klimawandel sind die Treibhausgasemissionen. In Deutschland sind die Emissionen seit der Jahrtausendwende um 20 Prozent zurückgegangen. Dies dürfte vor allem auf die Klimaschutzpolitik zurückzuführen sein. Etwas Ähnliches geschieht wahrscheinlich auch in anderen europäischen Ländern. Das bedeutet, dass sich der globale Emissionsanstieg verlangsamt hat, was zwar nicht ausreicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, aber viel besser ist als gar nichts. Diesen Punkt hört man in der Öffentlichkeit einfach nicht.
Drittens: In Deutschland und Dänemark schenken Verantwortliche der Anpassung an die Folgen des möglichen Klimawandels vermehrt Aufmerksamkeit. In Hamburg gibt es ein Hafengebiet, das für den Wohnungsbau entwickelt werden soll. Es liegt an der Elbe, und wenn der Wasserstand steigt und es zu Sturmfluten kommt, wird das Auswirkungen auf die Gebäude und ihre Bewohner haben. Hier stellt sich die Frage, was in 50 Jahren passiert, wenn der Klimawandel wie erwartet eintreten sollte, und wie der Schutz vor Umweltgefahren in die Gestaltung des Wohngebiets einbezogen werden kann. Das Gleiche wird in Dänemark an mehreren Stellen getan. Das ist sehr positiv, denn es ist nicht selbstverständlich, dass die Menschen so langfristig denken.
Und, schließlich, viertens: Modernisierungen aller Art sind ein ständiges Phänomen in unseren Gesellschaften. Diese Modernisierungen gehen vermehrt einher mit einer Minderung der Emissionen. So sehe ich seit einiger Zeit mehr Elektroautos in unserer Tiefgarage. Im Westen ist ein Modernisierungsschub im Gange, der den Rest der Welt mitnehmen kann. In Tansania zum Beispiel haben viele Menschen Handys, während das Telefonieren mit Standleitungen offenbar weitgehend übersprungen wurde. Ebenso kann man sich vorstellen, dass man in diesem Teil der Welt keine weiteren Tankstellen bauen muss, da man auf Benzinautos verzichtet und modernere Technologien einsetzt.«