von Peter Brandt
Die diversen literarischen Bezugnahmen auf die Maikäfer, zum Beispiel in dem Werk von Wilhelm Busch, wo sie als besonders widerwärtige Plage des Menschen auftauchen, dürften heutigen Kindern nicht mehr viel sagen, ebenso wenig das seit etwa 1800 überlieferte Kinderlied »Maikäfer flieg - dein Vater ist im Krieg«.
Auch wenn bis heute regional immer einmal wieder hohe Konzentrationen dieser Insektenart vorkommen, so 1997 und 2006 in den Wäldern Südhessens, sang Reinhard Mey schon 1974 klagend: »Es gibt keine Maikäfer mehr.« Der Einsatz der chemischen Insektizide scheint den Feldmaikäfer (Melolontha melolontha) und seinen nahen Verwandten, den Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani) aufs Ganze gesehen beinahe ausgerottet zu haben.
Jahrhunderte lang führten die Menschen einen erbitterten Kampf gegen den vor allem Landwirten, Obstbauern, Gärtner und Forstwirten verhassten Schädling, dessen gefräßige, vor ihrer einige Monate andauernden Verpuppung drei bis vier Jahre unter der Erde lebenden Larven die Wurzeln der Nutzpflanzen abfraßen. Die Mittel, derer man sich bediente, wurden im Lauf der Zeit rigoroser. Aus dem Mittelalter sind Gerichtsverhandlungen und anschließende Bannurteile, so 1478 durch den Bischof Benedict de Montferrand von Lausanne gegen die Maikäfer, überliefert. Das Sowa'sche Kunstwerk erinnert an eine der großen Maikäferplagen des 19. Jahrhunderts, die 1868 in verschiedenen Teilen Europas, insbesondere Mitteleuropas, auftrat, und an die folgenden Vertilgungsaktionen, so auch in der preußischen Provinz Sachsen, großenteils flächenidentisch mit dem heutigen Bundesland Sachsen-Anhalt (gemeint ist hier also nicht das damalige Königreich bzw. der heutige Freistaat Sachsen).
Bevor nach dem Zweiten Weltkrieg die Pestizide in größerem Umfang eingesetzt wurden, blieb zur Bekämpfung der Maikäferplage im Wesentlichen nur das manuelle Einsammeln und anschließende Vernichten der Maikäfer. Das Sammeln geschah am besten frühmorgens, wenn die Tiere von der nächtlichen Kühle erstarrt und vom nächtlichen Fressen träge waren. Ganze Schulklassen wurden unter Führung ihrer Lehrer dafür abgeordnet. Mit Geldprämien förderte man die Aktionen zusätzlich. So wandte der preußisch-sächsische Maikäfer-Vertilgungsverein in Quedlingburg 1868 für über 37 Millionen Exemplare 267 Taler auf. Insgesamt wurden im besagten Jahr in der Provinz Sachsen rund 1,6 Milliarden Käfer gesammelt und vernichtet.
Eher zu den Kuriosa gehört, dass Bertha Heyden in ihrem Kochbuch für feine Speisen (1880) eine Maikäfersuppe als ein schmackhaftes Gericht vorstellte. Auch die Gewinnung von Öl, etwa als Wagenschmiere, durch das Auspressen der fetten Käfer, spielte keine große Rolle. In der Regel wurden diese mit kochendem Wasser getötet und dann zwecks Einsatz als Düngemittel kompostiert oder an Hühner bzw. Schweine verfüttert. Wie das Wochenblatt der preußischen Annalen der Landwirtschaft Nr. 7/1868 mitzuteilen wusste, war »die Düngewirkung der Maikäfer in dem Falle eine besonders rasche und sichere«, dass die Tiere nach ihrer Tötung »nicht direct verwendet, sondern dieselben zunächst möglichst fein vertheilt« würden, indem man sie durch »eine Schrotmühle, eine passende Reibe der einen durch einen feinen Mahlgang hindurchgehen lässt.« Gemische mit Sägemehl oder guter Erde und unter Zusatz von etwas aufgeschlossenem Knochenmehl erhielte man einen »rasch wirkenden concentrirten Dünger, welcher bei ähnlicher Wirkung vermutlich billiger seyn möchte als der Peruguano.« Besonders die Runkelrübenbauern der Provinz Sachsen sollen diesen Dünger geschätzt haben.
Literatur:
T. Plieninger, Gemeinfaßliche Belehrung über die Maikäfer und ihre Verheerungen sowie die geeigneten Mittel dagegen: ein Beitrag zur landwirthschaftlichen Fauna. Für den Bürger und Landmann sowie die Fortbildungsschulen nach eigenen und fremden Beobachtungen, 2. Aufl., Stuttgart 1868 (zuerst 1834).
V. Ferrant, Die schädlichen Insekten der Land- und Forstwirtschaft, ihre Lebensweise und Bekämpfung, Luxemburg 1911.
R. Schenda, Das ABC der Tiere. Märchen, Mythen und Geschichten, München 1995.