von Max Ludwig
Im angelsächsischen Raum wird das klassische politische Spektrum bei den alternativen Medien von Neomarximus (Grayzone, New Left Review) über bürgerlichen Liberalismus (UKColumn) bis hin zu rechtsradikalen, rassistischen Ultrakonservativen (Unz Review) noch abgebildet, wenn auch nicht immer auf dem höchsten kulturellen Niveau. Dort gibt es spätestens seit der Pseudo-Pandemie in jedem Lager Dissidenten, die den Zustand des Westens alle ähnlich sehen: Wir leben in einer Oligarchie, das Naturrecht wird in Frage gestellt, demokratische Partizipation gibt es nur noch zum Schein, der Rechtsstaat ist schwer beschädigt, die Normensysteme zur Beschränkung staatlicher Gewalt sind erodiert, die Marktwirtschaft ist in weiten Teilen Oligopolen gewichen, die Migration wird als Instrument zur Zerstörung der Nationalstaaten eingesetzt. Großunternehmen des Finanz- und Digitalisierungssektors, aber auch anderer Branchen, bilden mit dem Staat korporative Strukturen aus, die an klassische faschistische Staaten erinnern, was Sheldon Wolin bereits 2010 ›Inverted Totalitarianism‹ genannt hat. Für alle sichtbar etabliere sich, wie schon im klassischen Zeitalter des Totalitarismus, ein Gesinnungsstaat, der Neonormen erlasse und deren Einhaltung mit äußerster Härte einfordere.
Die Zahl der Dissidenten und ihrer eifrigen Leser aller traditionellen, in Auflösung befindlichen Lager hat seit 2020 exponentiell zugenommen, da ein Bedürfnis entstanden ist, die neue Realität zu beschreiben und zu begreifen. Bis dahin allen, die nach 1945 im Westen geboren wurden, aus eigener Anschauung Unvorstellbares habe sich seitdem ereignet, da der Staat Repression einer neuen Qualität eingeführt habe. Dies, so befürchten besonders wache Dissidenten, sei nur der Anfang, nun stünde die Einführung dessen, was sie digitale Sklaverei nennen, bevor. Was ist das und worauf beruht diese Angst?
Das Bild der digitalen Sklaverei
Laut Dissidenten wie Iain Davis oder Simon Elmer würden wir Opfer digitaler Versklavung, die von den oligarchischen Herrschern unserer Gesellschaft betrieben werde, um die totale Macht zu erlangen. Sie und andere stellen sich diese digitale Sklaverei wie folgt vor:
1. Die Einführung von digitaler Zentralbankwährung (CBDC) und das Verbot von Bargeld. Zahlreiche Länder planen in der Tat die Einführung von CBDC unterschiedlicher Ausprägung, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, das ist die Bank der Zentralbanken, spricht sich dafür aus.
2. die Verknüpfung des Internetzugangs mit Personenidentifikation, um Verstöße gegen die neuen Gesinnungsnormen verfolgen zu können.
3. Die Überwachung und totale Zensur sozialer Medien ›durch KI‹ nach Gesinnungskriterien (technisch unmöglich, siehe unten).
4. Die Überwachung des öffentlichen Raums durch Kameras, Mikrophone und ›KI‹ nach Gesinnungskriterien (technisch unmöglich, siehe unten).
5. Zahlung und Zugang zu bestimmten Orten anhand biometrischer Merkmale (Retina, Fingerabdruck, Handfläche).
6. Die Einführung von Personalausweisen und Reisepässen, auf denen medizinische Daten und Eingriffe vermerkt sind, wie etwa genetische Identifikationsmerkmale und Impfstatus. Bindung des Bewegungsspielraums an Merkmale und Status möglich.
7. Die Vollelektrifizierung der Gebäudeheizung und individueller Mobilität, Einführung von ›15-Minuten-Städten‹ mit drastischer Reduktion des automobilen Bewegungsspielraums – bereits in der Umsetzung.
CBDC ist eine Art Vollgeld, das wie in der Sowjetunion vom Staat bemessen, emittiert und verteilt wird. Es ist wie das heutige Geld ein Fiatgeld ohne Bindung an einen materiellen Wert wie Gold, aber es ist in seiner Maximalausprägung ein Vollreservegeld, was bedeutet, dass die heutige Kreditvergabe mit Partialreserve aufgehoben wird. Dadurch würde das Kreditgeschäft der Banken, das wie eine staatliche Garantie zur Vermögensproduktion der Bankeigentümer wirkt, abgeschafft. Die Geschäftsbanken könnten dann kein Geld mehr aus dem Nichts schaffen wie heute und müssten sich auf die Funktionen der Geldaufbewahrung, Zahlungsverkehr und Vermögensverwaltung beschränken. Ihr Kreditgeschäft wäre lediglich eine gebührenpflichtige Dienstleistung, bei der sie nur noch Zentralbankgeld weitergeben könnten. Die Zentralbank würde die Geldmenge und die Zuteilung an die Geschäftsbanken bestimmen und könnte diesen auch inhaltliche Vorgaben für die Kreditvergabe an Firmen und Personen machen; bei großen Krediten könnte sie auch direkte Kontrolle ausüben. Dieser Aspekt des CBDC ist ökonomisch wichtig, weil er es erlauben würde, die heutigen Eigentumsverhältnisse, die durch einen chaotischen Zusammenbruch des Finanzsystems bedroht wären, zu stabilisieren. Doch aus Sicht der Dissidenten ist eine weitere Eigenschaft von CBDC bedrohlich: Jede einzelne Währungseinheit eines CBDC könnte mit Metadaten versehen werden, so dass nachvollziehbar ist, wer welche Einheiten bekommt und sie wie ausgibt. Da die Zahlung nach dem Bargeldverbot nur mit CBDC erfolgen könnte, könnten Zahlungen regelbasiert oder auf individueller Ebene unterbunden werden. Die Gültigkeit des Zahlungsmittels (Geld kann man es nicht mehr nennen) könnte zeitlich oder räumlich beschränkt werden.
Die Verknüpfung des Internetzugangs mit Personenidentifikation würde zur vollständigen Speicher- und Nachvollziehbarkeit aller Aktivitäten mit Aufhebung der Privatsphäre im Internet führen. Sie würde die perfekte Überwachung ermöglichen. Zusammen mit Punkt 5 wäre die Überwachung des öffentlichen Raumes und der sozialen Medien durch ›KI‹ lückenlos, da Maschinen niemals schlafen oder Pause machen und nicht durch Emotionen funktional eingeschränkt sind – das ist allerdings technisch unmöglich, wie wir unten sehen werden.
Ein Biopass mit medizinischen Daten und Impfstatus sollte bereits im Rahmen der Pseudo-Pandemie eingeführt werden. Zeitweise waren Reisemöglichkeiten und Zugang zu Geschäften ja tatsächlich an den ›Impfstatus‹ gebunden. Dies war auf Dauer nicht durchsetzbar, doch wäre eine dauerhafte Kontrolle der Bewegungsfreiheit über die Verpflichtung, sich Toxine ohne Wirkung gegen Infektionen spritzen zu lassen, ein undenkbares totalitäres Staatsverbrechen auf Dauer.
Eine Vollelektrifizierung in Verbindung mit ›smart meters‹ in jeder Immobilie würde eine zentrale Regelung des individuellen Stromverbrauchs ermöglichen, der Staat könnte beispielsweise durch Elektrizitätsentzug die individuelle Mobilität oder Heizung unterbinden.
Wenn alle Maßnahmen voll umgesetzt würden (auch ohne die technisch unmöglichen Punkte 3 und 4), würden in der Tat alle Menschen in einem Benthamschen Panoptikum mit perfekter Kontrolle von Bewegung, Erfahrungsinhalten, Aktivitäten und Körper leben. Ein Abweichen von den Vorgaben des Staates wäre unmöglich. Es gäbe keine Freiheit mehr, das ganze Leben spielte sich in einem offenen Gefängnis ab, da jeder entdeckte Gesinnungsdelinquent sofort seiner Zahlungsmöglichkeiten und seiner Bewegungsfreiheit beraubt werden könnte. Der Unterschied zur klassischen Sklaverei bestünde nur noch darin, dass die Menschen weiterhin nicht Eigentum eines anderen wären. Doch sie hätten genauso wenig Freiheit wie Sklaven und nicht viel mehr Rechte als solche. Man könnte in Anlehnung an der Begriff Leibeigenschaft, der den Sachzusammenhang auch nicht recht beschreibt, wohl am ehesten von digitaler Leibkontrolle sprechen. In der Tat haben Feudalgesellschaften jahrhundertelang bis zu 90 Prozent der Menschen als Leibeigene gehalten. Wäre so eine Quote auch mit der digitalen Leibkontrolle möglich?
Die Vorstufe dieser Art des totalitären Zugriffs auf den Einzelnen sehen wir schon heute – wie bei der Sperrung von Konten der gegen die Corona-Tyrannei protestierenden Lastwagenfahrer in Kanada oder die Weigerung von Banken, prominenten Dissidenten wie Nigel Farrage ein Bankkonto zu geben.
Grenzen der digitalen Sklaverei
Ist es möglich so ein System zu errichten und zu betreiben? Zwei wichtige Gruppen von Gründen sprechen dagegen: technische und soziale.
Technisch ist es theoretisch sehr anspruchsvoll, ein umfassendes Digitalwährungssystem mit vollständiger Kontrolle der Metadaten zu errichten. Es ist zwar, da das System theoretisch deterministisch ist, denkbar, doch angesichts der sehr hohen Komplexität des Kreditallokations- und Zahlungsverkehrs wohl in der Praxis kaum realisierbar. Da jeder Mensch und jedes Unternehmen, jede Institution an das System angeschlossen wäre, hätte es alleine im Westen (OECD-Länder) an die zwei Milliarden Entitäten zu verwalten, die täglich in der Größenordnung von einer halben bis einer Billionen () Transaktionen durchführen. Durch die Vielfalt der Interaktionen wäre es wohl kaum möglich, alle mit Hilfe von Regeln zu kontrollieren, zumal dazu ja eine Integration mit den Überwachungssystemen erforderlich wäre. Wahrscheinlich würde es schnell, wie viele IT-Systeme in Großunternehmen, zu einem nicht mehr voll kontrollierbaren System degenerieren. Außerdem wäre es wegen seiner Größe und Komplexität hochgradig empfindlich gegen Angriffe, die mit Sicherheit dagegen erfolgen würden.
Des weiteren gibt es keine Künstliche Intelligenz, sondern nur mathematische Modelle, die regelhafte Zusammenhänge modellieren oder solche Zusammenhänge für Automatisierungszwecke nutzen. Menschliche Sprache ist nur in der Syntax regelhaft und daher nur partiell mathematisch modellierbar, nämlich als wahrscheinlichkeitstheoretische Zeichenkette. Nach diesem Prinzip funktionieren Sprachmaschinen wie Google Translate oder ChatGPT. Aber Automaten verstehen nicht, was die Worte und Gesten im Sachzusammenhang bedeuten. Ebenso wenig verstehen sie Handlungszusammenhänge in Filmaufnahmen. Daher ist eine Überwachung von Menschen mit KI nicht möglich, lediglich eine verbesserte Schlagwortsuche oder Grobkategorisierung von Texten, aber keine adäquate Auswertung von Texten, Audiodateien mit Gesprächen oder Videos. Daher ist es nicht denkbar, dass Maschinen uns nahtlos überwachen und dann aufgrund der berechneten Verhaltensweisen ohne menschliches Zutun Zahlungs- oder Bewegungseinschränkungen vornehmen.
Sklaverei ist ein Zustand, in dem Menschen das Eigentum an sich selbst verlieren und wie Gegenstände das Eigentum eines anderen werden. Sie sind dann vollkommen unfrei, ohne Rechte. Sie können zu jeder Arbeit, auch sexueller oder reproduktiver, gezwungen und bei Verweigerung drakonisch bestraft werden, sind handelbar und in manchen Sklavenhaltergesellschaften auch straffrei tötbar, wie Gegenstände, die man nicht mehr braucht und wegwirft. In der Regel wird ihnen die Familienbildung und eigene Reproduktion verweigert, obwohl es auch Sklavenhalter gibt, die Sklavenfamilien genutzt haben, wie in den USA. Historisch hat es nie eine Gesellschaft gegeben, in der mehr als maximal 20 bis 25 Prozent der Menschen Sklaven waren, da es eine starke Mehrheit freier Menschen benötigt, um diese furchtbare Form des Unrechts aufrechtzuerhalten. Der oben beschriebene Zustand ist daher keine Sklaverei, sondern eine Form der Unfreiheit und Entrechtung bei Aufrechterhaltung des Eigentums an der eigenen Person.
Der Versuch, die digitale Leibkontrolle zu realisieren, würde schnell dazu führen, dass Menschen das System umgehen. Sehr rasch würde sich ein Schwarzmarkt mit illegalen Tauschmitteln etablieren, um ohne Kontrolle durch den Staat weiterhin illegale Transaktionen wie die sehr verbreitete Schwarzarbeit, Drogenkäufe oder Zahlung von Bestechungsgeldern durchzuführen. Aber auch zur Erfüllung legaler Bedürfnisse wie der Nutzung von Prostitution oder dem Kauf heute noch legaler Schriften, die der totalitäre Gesinnungsstaat im oben beschriebenen Szenario verböte. Da fast jeder Mensch ohne Einblick durch den Staat etwas kaufen oder verkaufen möchte, wären an dem System so viele beteiligt, dass der Staat das nicht effektiv unterbinden könnte. Das römische Recht nennt diesen Zustand der kollektiven Verweigerung der Rechtstreue bei Gesetzen, die gegen fundamentale soziale Normen verstoßen, dissuetudo. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Umgehung der Prohibition in den USA während der 1920er Jahre. Selbst wenn alle Wohnungen vollkommen verwanzt wären, wäre es bei genügend Verstößen gegen die Neonormen unmöglich, diese Verstöße zu ahnden. Auch ein totalitäres System benötigt freiwillige Zustimmung durch einen Großteil der Bürger.
Online würde sich auch ein Markt zum Gesinnungsablass etablieren, der es Käufern ermöglichte, unter Verwendung des offiziellen Zahlungsmittels die korrekte Gesinnung vorzutäuschen und gleichzeitig zu unterlaufen. Man würde dafür zahlen, vor dem Staat einen guten Eindruck zu machen, um dann im Schutz solcher Transaktionen die Regeln auf dem Schwarzmarkt zu brechen.
Wie geht es weiter?
Die Neonormen, denen wir schon heute ausgesetzt sind, wie Wokeness mit Transgenderschulung für Kleinkinder und Unterdrückung des elementaren gesunden Menschenverstandes, Zero-Carbon- oder Zero-Viren-Wahn, mögen einer vollkommen verblendeten, dekadenten und von der Realität abgekoppelten akademischen Minderheit gefallen, und das auch nur, solange diese Menschen nicht verstünden, dass sie z.B. zur ›Bekämpfung‹ eines regulären Erkältungserregers Injektionen erhalten haben, die gegen diesen Erreger vollkommen unwirksam und zudem giftig waren.
Der Versuch, auf diesen Narrativen ein globales Unterdrückungssystem aufzubauen ist hingegen absurd und zum Scheitern verurteilt. Stalin war nur langfristig erfolgreich, da er die Bevölkerung gegen den Angriff Nazi-Deutschlands mobilisieren konnte und da er seine Säuberungspolitik einstellte und stattdessen auf etablierte Herrschaftsmethoden des Zarenreichs zurückgriff. Die ideologische und kulturelle Basis der globalistischen Herrschaftspläne ist für eine erfolgreiche Herrschaft einfach zu dünn. Der Versuch der Etablierung einer digitalen Leibkontrolle wird scheitern, aber auf dem Weg dorthin wird es wahrscheinlich viele Opfer geben.