von Michael Klein
Unsere kulturelle und soziale Gegenwart wird von Begriffen wie woke*, trans*, gender*, divers* usw. beherrscht. Sie stammen aus radikalen sozialen Bewegungen, haben ihren Weg in soziologische Seminare von US-Universitäten geschafft und werden inzwischen in der ganzen westlichen Welt als quasireligiöse Heilslehren verbreitet. Dass diese Lehren die Menschheit tatsächlich in bessere Zeiten führen, darf nachhaltig bezweifelt werden. Wie die Gegenwart, in der wir leben, zu bewerten ist, zeigt sich erst mit größerem Zeitabstand. Dann erst liegt Geschichte vor. Es ist deshalb besonders wichtig, gegenwärtige Entwicklungen in Gesellschaften nach definierbaren Maßstäben zu beurteilen. Im Folgen geschieht dies vor dem Hintergrund der Aufklärung und des Kritischen Rationalismus, das zu dem Besten gehört, was das Abendland je hervorgebracht hat.
In jeder Gegenwart herrschen Kräfte, die viele Menschen nachhaltig prägen und beeinflussen, oft ihr ganzes Leben lang. Dies geschieht meist, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Psychologisch wirken Botschaften und Ideologien ungemein stark auf Menschen ein. Vor allem geschieht dies durch kognitive Beeinflussungen und soziale Anpassungsprozesse. Eine große Rolle spielt dabei der sogenannte Zeitgeist, der für viele Menschen das Verhalten vorgibt und regelt. Dann wird die individuelle Freiheit der Konformität im Denken und Handeln untergeordnet. Die dahinterliegenden Motive sind mächtig: Zugehörigkeit, Akzeptanz und Selbstwertbestätigung sind für Menschen nach Essen und Trinken starke Alltagsmotive. Wer sich dem Zeitgeist widersetzt – zu jeder Zeit – läuft Gefahr, isoliert, abgelehnt und diskriminiert zu werden. Mancher fühlt sich frei, wenn er sich dem Zeitgeist anpasst, ist jedoch in Wirklichkeit ein Spielball des Zeitgeistes, der sich in Moden, Medien und Trends, aber auch in Denk- und Emotionsschablonen manifestiert. Menschen können sich vorgaukeln, frei zu sein, ohne dass dies auch nur annähernd der Realität entspricht. Derzeit werden Ideen wie Antirassismus, Diversität, Antisexismus, Gender und Vielfalt der Geschlechter mit einer so starken Intensität propagiert, dass Differenzierung, Widerspruch und Kritik kaum möglich sind, ohne isoliert und diskriminiert zu werden. Alleine schon der Impetus, mit dem diese Ideen propagiert werden, sollte Verdacht schöpfen lassen, welche Motive die Protagonisten wirklich bewegen. Die genannten Ideologien beherrschen den Zeitgeist in tiefgreifender Weise. Die Freiheit des Denkens und die Debattenräume in Hochschulen, Medien und am Ende in der ganzen Gesellschaft sind in Gefahr, wenn freies Denken und Widerspruch im Keim mit hyperemotionalen Parolen erstickt werden.
Freiheit in Gefahr?
Im Jahr 2021 waren nur noch 45 Prozent der Bevölkerung der Meinung, man könne sich frei äußern (Institut für Demoskopie, Allensbach). Unsere heutige Gegenwart wird, wie solche Bevölkerungsbefragungen zeigen, zunehmend als unfrei und reglementiert erlebt. Die Menschen realisieren, dass es besser ist, bestimmte kritische Gedanken nicht mehr zu äußern, vorsichtig im Umgang mit anderen, auch Nahestehenden zu sein, kurz: Angst vor sozialer Isolation und Stigmatisierung macht sich breit. Besonders kritisch sind dabei Versuche, Sprache und Denken der Menschen von oben zu beeinflussen. Dies geschieht derzeit mit Gendertheorien, Gendersprache oder anderen postmodernen soziologischen Denkschulen. Viele Menschen empfinden inzwischen Überdruss, sich hinsichtlich Gerechtigkeit, Freiheit und Geschlechtsverständnis belehren zu lassen. Am Beispiel der Geschlechtertheorien lässt sich die totalitäre Bewegung nachvollziehen: Wer etwas gegen die Idee der Vielfalt der Geschlechter sagt, auch aus biologischer Sicht, wird schnell zum Feind erklärt, so dass klar wird, dass eine Vielfalt der Meinungen den Protagonisten der Diversität gar nicht vorschwebt.
Auf den ersten Blick ist das ein so paradoxer Befund, dass er gar nicht glaubwürdig erscheint. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass es den Verfechtern von Diversität nur um ihre Vorstellungen von Diversität geht. Diese sind aber in intoleranter und wissenschaftsfeindlicher Weise eingeschränkt. Die vermeintlich fortschrittlichen Bewegungen rings um die kritischen sozialen Gerechtigkeitstheorien haben mit Meinungsfreiheit sehr wenig zu tun. Sie entstammen der geistigen Tradition des Marxismus und führen zu totalitären, illiberalen Konsequenzen. Viele als Meinungen deklarierte Ideologien, die derzeit Einfluss auf die Massen gewinnen, sind in Wirklichkeit radikale und gefährliche Dogmen. So auch der Wokeismus, der im frühen 20. Jahrhundert als Befreiungsbewegung von Afroamerikanern in den USA begann, und inzwischen zu einer dogmatisch-rigiden Ideologie, vor allem an US-Universitäten, mutierte. Inzwischen sind diese Ideologien durch Beschimpfungen, Diskriminierungen und Hysterie in den sozialen Netzwerken zu ernsthaften Bedrohungen der gesellschaftlichen Stabilität des Westens geworden.
Männer und Zeitgeist
Für Männer ist der Zeitgeist seit einigen Jahren ein besonders starker Gegner, oft ohne dass sie es realisieren. Er weht ihnen mit voller Wucht entgegen. Es ist chic geworden, Männer als toxisch, dumpf, unsensibel – kurz: negativ – zu bezeichnen. Werbung und Medien waren die Speerspitze dieser misandrischen Entwicklung. Es häufen sich die Fälle, dass hochqualifizierte Männer eine berufliche Position nicht erhalten, weil die Arbeitgeber die ›Quote‹ erfüllen müssen. Dies schafft Frustration und Resignation. Schon jetzt erlangen 10 Prozent weniger männliche als weibliche Jugendliche in Deutschland die Hochschulreife. Sie werden mehr und mehr ein Prekariat in Billig-Lohn-Jobs oder in Sozialhilfe bilden. Außerdem wird es in wenigen Jahren ein zweites Prekariat von Männern geben, die trotz hoher Qualifikation in schlecht dotierten Jobs arbeiten, einfach nur weil ihnen Frauen aufgrund des Geschlechts vorgezogen wurden. Um die Belange dieser Männer kümmert sich keine der kritischen sozialen Gerechtigkeitstheorien. Sie blenden all das aus, was nicht in ihr Weltbild passt.
Schon in Kindheit und Jugend lernen spätere Männer heutzutage, dass mit ihnen etwas nicht stimmt einfach auf der Basis ihres ›falschen‹, weil toxischen, bösen Geschlechts. Positive Aspekte von Männlichkeit werden negiert, nicht erwähnt oder ins Gegenteil verzerrt. Dass dies auf Dauer nicht spurlos an der psychischen Gesundheit von Jungen vorübergeht, ist naheliegend. Es häufen sich die Berichte von Depression, Einsamkeit und Sucht schon in frühen Jahren, aber auch Radikalisierung und Aggressivität können mögliche Folgen sein. In der Realität der Gesellschaft schreitet – von der Öffentlichkeit und den Medien weitgehend unbemerkt oder verschwiegen – ein Benachteiligungs- und Diskriminierungsprozess für Jungen und Männer voran, der über Jahrzehnte Spuren hinterlassen wird. Feministinnen verstehen es nach wie vor sehr gut, Frauen generell als Opfer, Männer als Täter darzustellen, was einen Kreislauf an Schuld- und Minderwertigkeitsgefühlen beim männlichen Geschlecht auslösen kann.
Die Macht der Konformität
Die psychologische Forschung hat schon lange gezeigt, wie wichtig den Menschen die Zugehörigkeit zu einer Gruppe ist. Insbesondere wenn sie glauben, dass sie damit der Mehrheit oder einer sehr wichtigen Gruppierung angehören, stärkt dies Selbstwert und positives Selbstbild. Dabei reicht schon die Überzeugung, dass es mit der Zugehörigkeit so sei. Dies erzeugt bisweilen extreme Konformität im Verhalten von Menschen bis zur Selbstverleugnung. Die Realität kann eine andere sein. Der Zeitgeist serviert nun, ausgehend von kleinen elitären Minderheiten, seit einigen Jahren mit radikaler Durchschlagskraft Ideologien rund um Geschlechter, Gender und Sexualität. Neben der Misandrie, der Negativdarstellung von Männern, ist eine zunehmende Sexualisierung des Alltags in den Medien zu konstatieren. Dazu gehört auch die Gendersprache, mit der vermeintlich mehr Gerechtigkeit und Sichtbarkeit im Geschlechterverhältnis hergestellt werden soll. Früher kaum bekannte Formen sexueller Identitäten erfahren mehr Aufmerksamkeit in den sozialen Medien, aber inzwischen auch den Mainstream-Medien, als viele Anliegen sogenannter ›Normalos‹.
Hypermoral und Hyperemotionen sind der Treibstoff der Gegenwartskultur
Wer dagegen ist, dass eine Regenbogenfahne am Reichstag weht, ist schnell ein Rechtsextremist und transphob sowieso. Es wird schnell hypermoralisch geschossen und nicht mehr lange diskutiert. Das gesellschaftliche Klima ist aufgeheizt und explosiv wie schon lange nicht mehr. Emotionen kochen über ins Extreme, wobei dies obendrein noch als positiv gilt. Hypermoral und Hyperemotionen zählen bei vielen mehr als Argumente und Vernunft.
Seit Kurzem machen sich hoch emotionalisierte Konflikte am Umgang mit der Frage der geschlechtlichen Identität und darüber hinaus am Grundverständnis der Geschlechter fest. Bei einer nicht geringen Zahl von – insbesondere jungen – Menschen hat sich die Überzeugung entwickelt, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt, teilweise deutlich mehr. Nach amerikanischen Angaben – aus diesem Kontext stammt die antiheteronome Bewegung, die sich gegen die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen richtet – sind inzwischen fast 40 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen der festen Überzeugung, dass es eine Zweigeschlechtlichkeit bei Menschen nicht gäbe oder dass dies ein Trick des weißen, rassistischen Systems darstelle. Diese Lehre widerspricht allen akzeptierten biologischen Fakten, dass Menschen – genauso wie andere Säugetiere – einer Zweigeschlechtlichkeit unterliegen. Dabei können sie im Bereich der sexuellen Identität, die aber vom biologischen Geschlecht zu unterscheiden ist, vielfältige, diverse Identitäten entwickeln.
Insbesondere an den US-Universitäten ist ein Klima der Intoleranz und Angst entstanden, das Widerspruch gegen diese Ideologie zu einem Karrierekiller und riskantem Verhalten macht. Isolierung und Stigmatisierung drohen denjenigen, die Widerspruch gegen die Trans- und Gender-Ideologie wagen, nicht ›vielgeschlechtlich‹ denken und nicht die woken Denkschablonen nachplappern. Dabei infiltriert die Macht übermäßiger Konformität die Gesellschaft immer tiefer und viele junge Menschen schenken irrationalen Aussagen Glauben, einfach um nicht aus ihren sozialen Bezügen ausgeschlossen zu werden. Es geht hier nicht darum, Menschen in ihrer sexuellen Freiheit und Identitätsfindung einzuschränken oder zu stigmatisieren, sondern den Umgang mit den im Hintergrund stehenden Ideologien gegenüber Kritikern und Zweiflern zu kritisieren.
Dogmatismus und Rigidität
Die Frage der Trans- und Intersexualität betrifft Menschen schon lange. Nach verlässlichen Angaben sind bis zu 0.2 Prozent aller Neugeborenen oder Kinder davon betroffen. Zu den biologischen, genetischen und hormonellen Ursachen liegen vielfältige Erkenntnisse vor. Lange wurden die Betroffenen negativ stigmatisiert, mit Gewalthandlungen traumatisiert oder gar verfolgt. Dabei verdienen sie jeglichen Respekt, adäquate Hilfen und die nötige Unterstützung. Seit einigen Jahren hat sich die ehemals verfolgte Community – in Verbund mit anderen sexuellen Minderheiten – emanzipiert und wehrt sich gegen Verfolgung und Diskriminierung. Aus der ehemals stillen ist eine laute und überall sichtbare Community geworden. Dies ist sozialpsychologisch nachvollziehbar und als Minderheiten-Effekt bekannt. Aus Minderheiten werden bisweilen radikale, innovative und gesellschaftsverändernde Bewegungen. Der ›Minderheiten-Effekt‹ führt dazu, dass sich bestimmte Minderheitengruppen in der Gesamtgesellschaft am Ende durchsetzen. Aufgrund ihrer überschaubaren Mitgliederzahl und den homogeneren Interessen können sich kleine Gruppierungen besser und radikaler artikulieren.
Gefahren für Kinder und Jugendliche mit Identitätsproblemen
Durch ihre Stärke im Auftreten werden die Protagonisten der Bewegung für junge Menschen zu Identifikationsfiguren, denen einzelne nacheifern. Seit Jahren steigt in den Ländern mit aktiver LGBTIQ-Szene die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die eine Transition zum anderen Geschlecht anstreben, wobei Mädchen, die Jungen werden wollen, häufiger sind als umgekehrt. Meist sind es Kinder und Jugendliche mit depressiver, selbstunsicherer Persönlichkeit, die in ihrer Identitätsentwicklung gefährdet sind. Auch findet zunehmend in Kindergarten und Schule eine systematische Beeinflussung der präpubertären Kinder statt, die bislang unbekannte Folgen für deren spätere psychosexuelle Entwicklung hat. Kinder und Jugendliche mit diffuser psychosexueller Identität erhoffen sich dann von einer Transition oder einem genderfluiden Leben eine Stärkung ihrer Persönlichkeit und Rettung von ihren psychischen Problemen. Deshalb ist es wichtig, die psychische Entwicklung von Kindern mit psychosexuellen Identitätsproblemen nicht vorschnell in Richtung Transition zu lenken, sondern Wege zu einer gelingenden geschlechtsverstärkenden Identität aufzuzeigen und diese zu begleiten.
Inzwischen hat sich das gesellschaftliche Klima gegenüber Minderheiten gewandelt. Im Prinzip eine begrüßenswerte Entwicklung. Aber nun werden die Haltungen der ehemals diskriminierten sexuellen Minderheiten in Medien und im Bildungsbetrieb kritiklos übernommen. Ihre Theorien, die als Dogmen, vorgetragen werden, zu kritisieren, führt zu Shitstorms und Hasstiraden. Widerspruch wird mit rigiden Methoden der Angst-Furcht-Beeinflussung im Keim erstickt. Bis in höchste Regierungskreise herrscht eine konformistisch-widerspruchsfreie Haltung gegenüber den wissenschaftlich nicht gut abgesicherten Postulaten der LGBTIQ-Bewegung. Die Erkenntnisse der Biologie zur Zweigeschlechtlichkeit werden geleugnet oder verzerrt wiedergegeben.
›X ist Y. Punkt!‹ – Dogmatismus bis in die Regierung
Sätze wie ›Transfrauen sind Frauen. Punkt!‹ werden inzwischen auch gerne von Regierungsvertretern, wie der Frauenministerin Paus oder dem Queer-Beauftragten Lehmann, benutzt. Der Satz kommt wie ein Dogma rüber in Basta-Mentalität. Solche Äußerungen machen viele Menschen stutzig, stoßen auf Unverständnis oder Widerstand. Durch ihre Rigidität erzeugen sie geradewegs Widerspruch. Aber aufgrund der herrschenden ängstlichen Stimmung von Konformität und Schweigespirale trauen sich nur wenige, ihre Zweifel zu äußern. Der inhärente Dogmatismus erinnert an psychologische Tricks, durch die Personen mundtot gemacht werden sollen. Wenn dann doch noch jemand Widerspruch wagt, wird dieser schnell als transphob, Fascho oder Nazi beschimpft. Es handelt sich um plumpe, aber wirksame Strategien der Political Correctness. Dadurch wird Widerspruch unterdrückt, das Denken normiert und die notwendige Reflektion der Aussage unterdrückt.
Doch die relevante Frage ist: Woher kommt diese große Angst vor Widerspruch seitens der Protagonisten? Es kann sich um innere Unsicherheit handeln, die abgewehrt wird. Deshalb wird der potentielle Gegner eingeschüchtert, Angst erzeugt, mundtot gemacht. Dabei wäre das Gegenteil nötig: Aufklärung, Information, Diskurs über sexuelle Entwicklung und Identitäten.
Trans- und Intersexualität: Es bräuchte offenen Diskurs und Aufklärung
Warum fürchten die Meinungsführer der organisierten Transsexualitätsbewegung und der assoziierten LGBTIQ-Verbände diese Offenheit so sehr? Es ist in Wirklichkeit ein Zeichen der Schwäche, dass diese so dogmatische auftreten und gleichzeitig versuchen, den Diskurs an Schulen, Hochschulen und in den Medien zu beherrschen und einseitig zu beeinflussen, indem andere Meinungen diskreditiert werden. Dies ist ein Hinweis, dass es eher um Indoktrination als um Aufklärung geht.
Wenn Menschen dann den dogmatischen Leitsatz ›X ist Y. Punkt!‹ nicht unwidersprochen hinnehmen oder Zweifel äußern, was ihr gutes Recht als freie Bürger ist, werden sie automatisch als transphob verunglimpft, so letztens auch durch den deutschen Regierungsvertreter, MdB und Queer-Beauftragten Jens Lehmann gegenüber einer betroffenen, verzweifelten Mutter. Diese hatte Probleme damit, dass ihre Tochter sich als transsexuell geoutet hatte. Was bedeutet der Vorwurf des Transphobischen? Die Wortwahl ließe zunächst darauf schließen, dass jemand Angst vor transsexuellen Menschen hat. Sie ist dem Phänomen des Homophoben nachgeahmt, welches bedeutet, dass ein Mensch Vorurteile und Aggressionen gegenüber Homosexuellen hat. Dass dahinter Ängste derjenigen, die sich homophob äußern, vor eigener Homosexualität oder homosexuellen Anteilen steckt, ist eine Erkenntnis, welche die Tiefenpsychologie schon vor hundert Jahren formulierte. Natürlich kann dieses Phänomen der latenten Angst vor den eigenen sexuellen Impulsen, auch bei Trans- und Intersexualität auftreten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass transsexuelle Impulse in der Bevölkerung seltener auftreten als homo- oder bisexuelle. Viel stärker enthält der pauschale Vorwurf der Transphobie die Sichtweise, dass jemand Vorurteile oder Aggressionen gegenüber Transpersonen hegt. Dabei bezieht sich der aggressive Vorwurf der Transphobie nicht nur auf Heterosexuelle, sondern zunehmend auch auf Homosexuelle und sogar andere Transsexuelle, die nicht der Radikalität des Funktionärslagers der LGBTIQ-Bewegung folgen.
Transphobie als Keule
Woher die Protagonisten – einschließlich des deutschen Regierungs-Queer-Funktionärs – jeweils wissen wollen oder gar belegen können, dass einzelne Personen, die sich kritisch oder auch nur ahnungslos äußern, ›transphob‹ seien, bleibt ihr Geheimnis. Der Vorwurf der ›Transphobie‹ ist vielmehr eine ›Halts-Maul-Keule‹ gegenüber kritischen Einwänden. Als solcher ist er gedacht und als solcher wird er angewandt. Dies unterstreicht die nicht auf Diskurs und Aufklärung ausgerichtete Grundhaltung der Protagonisten.
Wenn der dogmatische Lehrsatz Transfrauen sind Frauen. Punkt!(Deutlich seltener wird das Dogma Transmänner sind Männer. Punkt! geäußert.) immer wieder in Reden und sozialen Netzwerken auftaucht, hat er ausschließlich die Funktion, jedes Gespräch, jeden Diskurs darüber zu verhindern. Was könnte an einer Reflektion des Satzes so gefährlich sein, dass man dies unterbindet? Viele Menschen haben Gesprächsbedarf, was Trans- und Intersexualität angeht.
Die Protagonisten könnten ja durchaus sagen: ›Ich denke, Transfrauen sind Frauen‹ oder ›Für mich sind Transfrauen auch Frauen‹. Der übertriebene Absolutheitsanspruch und Dogmatismus der Aussage wird zur Ansage: Es wird kein Widerspruch geduldet!
Der Zeitgeist ist woke und undemokratisch – die Regierung unterstützt die negative Entwicklung
Die Gegenwartsphänomene des woken Zeitgeistes haben eine Menge mit psychologischen Prozessen zu tun, vor allem in den Bereichen Angst, kognitive Abwehr und Konformität, aber auch Massenmanipulation. Es geht nicht mehr um Aufklärung, sondern um Meinungsdominanz, bisweilen Meinungsterror und Einschüchterung. Diese Entwicklungen sind bitter für Betroffene, die gecancelt oder sonstwie diskriminiert werden. Sie sind aber auch gefährlich für eine Gesellschaft, die sich freiheitlich nennt, diese Basis aber immer mehr verliert. Dass die Entwicklung regierungsseitig noch unterstützt und begleitet wird, ist ein besonders problematisches Warnzeichen. Mit der Ernennung einzelner Beauftragter für Queerness und sexuelle Minderheiten (Lehmann) sowie für Diskriminierungsfragen (Ataman) hat die Regierung dokumentiert, dass sie die weitere Spaltung der Gesellschaft und den steuerfinanzierten Krawall möchte. Die Devise heißt Spaltung, immer kleinere Interessengruppen bekommen immer größeren Einfluss, alles löst sich in Stammesdenken (Tribalismus) und Identitätsfixierungen auf. Das große Ganze, die Mehrheit und das Gemeinwohl werden nicht mehr gesehen und bleiben auf der Strecke. Auf die lange Sicht zerstört die Strategie der einseitigen Berücksichtigung von Minderheitenbelangen den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden.
Worum geht es wirklich?
Dass die Rechte von trans- und intersexuellen Menschen geachtet werden, ist in einer freiheitlichen Gesellschaft selbstverständlich und dort, wo es Missstände gibt, müssen diese bekämpft werden. Die riesige Dogmatismuswelle, die von etlichen LGBTIQ-Aktivisten, -Verbänden und nahestehenden Politikern verbreitet wird, steht jedoch in keinem vernünftigen Verhältnis zur realen Zahl der Betroffenen. Und sie tut der Sache der Betroffenen nicht gut. Es kann also mit allerlei Recht vermutet werden, dass es latent um andere Inhalte und Ziele geht. Diese werden bei näherer Analyse der Inhalte der Botschaften auch deutlich. Werte und Ideologien wie Diversität, Antirassismus, Wokeismus und Genderismus, die als positiv und fortschrittlich daherkommen, zerlegen die Gesellschaft in immer kleinere, auseinanderdriftende Kleingruppen. Der gesellschaftliche Zusammenhalt, die Solidarität der Menschen, lässt immer mehr nach. Der Zerfall der Gesellschaft in tribalistisch definierte Subgruppen ist Programm und Ziel der woken Bewegung. Es werden Weltbilder aus dem Baukasten des Marxismus oktroyiert, ohne dass die Mehrzahl der Rezipienten dies realisiert.
Die Zeitgeistideologien bedrohen die Freiheit der westlichen Gesellschaften
Kernidee dieses Weltbildes ist die Schuld der anderen, vor allem der weißen CIS-Männer, an Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Es handelt sich somit um eine neomarxistische Weltsicht, die ihre Ideen aus pseudoreligiösen Bezügen schöpft, nicht an Liberalität und Aufklärung interessiert ist, sondern diese sogar als Teil ihres Feindbildes erkoren hat. Die weißen CIS-Männer weisen in einer erbschuldartigen Kaskade über Generationen, die nicht aufhört sich fortzupflanzen, Schuld am Kolonialismus und Rassismus auf. Im Grunde sind es die weißen Akademiker US-amerikanischer Universitäten und inzwischen auch westeuropäischer Hochschulen, die ihren transgenerational vermittelten Selbsthass gegen die vermeintlich homogene Gruppe der weißen, alten Männer richten, um sich selbst von ihrer nicht bewältigten unbewussten Schuld reinzuwaschen.
Diese Vorstellung ist natürlich widersinnig und absurd. Der Psychoterror einer jeden Ideologie besteht jedoch darin, komplett widersprüchliche Argumentationen zu präsentieren, die von den Rezipienten – unter realem oder informellem Zwang – gutgeheißen werden müssen und dabei dafür zu sorgen, dass die meisten Menschen einfach die Klappe halten. Aus Angst vor Nachteilen, Angriffen und Beschuldigungen. Die Freiheit und der Zusammenhalt der westlichen Gesellschaften ist derzeit unter dem Einfluss von Wokeness, vermeintlichem Antirassismus, Genderismus und überdehnter Diversität bedroht. Die vermeintlich fortschrittlichen sozialen Bewegungen mit den Sternchen am Ende oder mittendrin sind in Wahrheit gefährliche Bedrohungen der freiheitlichen Gesellschaften des Westens. Solange große Mehrheiten, vor allem an den Universitäten und in den Medien, dies stillschweigend hinnehmen, wachsen die Gefahren für die westliche Welt weiter.
In einer freien Gesellschaft müssen Widerspruch und Zweifel erlaubt sein. Sie sind die Basis des gesellschaftlichen Friedens, des Fortschritts und der Vernunft. Wenn derzeit von Regierungsvertretern und in den sozialen Netzwerken Verunglimpfung, Beschimpfung und Beschuldigung als Umgangsstil gepflegt wird, ist dies mehr als bedenklich. Es muss - ohne Diffamierung und Deplatforming zu erleiden – möglich sein, mit Gründlichkeit und Reflektion hinter den Zeitgeist und die derzeit verbreiteten Ideologien zu schauen. Was die gesellschaftliche Gesamtsituation angeht, werden kritisch rationales Denken, Vernunft und klares zivilcouragiertes Sprechen von immer mehr Menschen der einzige Weg aus der selbstverschuldeten neuen Unmündigkeit sein.