Hans von Storch: Zur Sache Klima. Aufnahme: ©J.Xu Aufnahme: ©J.Xu

Die Absicht dieser Kolumne geht dahin, ruhiger, als es in der Publizistik gemeinhin geschieht, die Hintergründe von Aufregerthemen in Sachen Klimawandel und Klimaschutz zu erläutern, manchmal auch einfach Grundlagen zu erklären. – Hans von Storch, geb. 1949, ist Professor am Meteorologischen Institut der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN), Zweitmitglied an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo) der Universität Hamburg sowie Direktor emeritus des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz Forschungszentrum Geesthacht. Er ist Spezialist für Fragen der Klimamodellierung und hat in verschiedenen Arbeitsgruppen des IPCC mitgearbeitet. Zusammen mit Werner Krauß schrieb er das Buch Die Klimafalle: die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung (2013).

 

von Ulrich Schödlbauer

Lieber Hans,

… Man nimmt die Welt für wahr, nicht für gut oder böse oder veränder- oder nicht veränderbar. Es liegt ein Einstellungswechsel darin, gegen den sich das Alltagsgemüt, wenn es nicht gerade die Blumen am Zaun bewundert, großenteils sträubt. In gewisser Weise handeln ja auch die von Dir zitierten Biermann-Zeilen (»Ich lieg in der beßren Hälfte ... Du, lass dich nicht verhärten...«) davon. Nur dass Biermann gern mit der Tür ins Bett fällt.

Die Buchbesprechung zeigt ja recht deutlich, wo in der Klimasache das Beil begraben liegt. Der ›Klimatismus‹ ist, schlicht gesprochen, kognitiver Autismus. Aber es ist extrem unwahrscheinlich, dass die Entscheidungsträger allesamt kognitive Autisten sind. Soll heißen: Es handelt sich um eine verhängte Rhetorik (mit ›science‹ als Tarnkappe und Sektierern als Staffage) zum Zweck der Wirtschafts- und Gesellschaftssteuerung. Es gibt Leute, die nennen das Totalitarismus. Ich mag das Wort nicht besonders, es klingt zu sehr nach Hannah Arendt und Kaltem Krieg, aber ein Wort dafür sollte es geben.

… Es gibt einen Roman von Ernst Jünger, Heliopolis, in dem der Staat von zwei Parteien regiert wird: der konservativen Partei, vertreten durch das Militär (wer denkt da nicht an Trump), und einer Massenbewegung, deren Führer mit propagandistischer Massenbeeinflussung und kalkulierter Gesetzlosigkeit punkten. Das Interessante daran: diese ›Nazis‹ haben den Energiesektor unter ihre Kontrolle gebracht und steuern darüber, d.h. durch gezielte Verknappung und Zuteilung von Energie, die Wirtschaft des Landes. Ich denke, das ist, ›Nazis‹ hin oder her, in etwa das, was wir heute sehen.

Diesen ›Entscheidern‹ ist es weitgehend gleichgültig, was das CO2 mit der Atmosphäre anstellt, es ist ihnen Hekuba, die Wissenschaftssprache nichts weiter als ein nützliches Abrakadabra und dort, wo sie nicht nützlich ist, ein fauler Fisch. Sie haben das CO2 pünktlich als Waffe entdeckt, als sie begriffen, dass das Petrodollar-System, das die Überlegenheit des ›Westens‹ über den Rest der Welt begründet, diesen Westen (d.h. die USA und ihr Satellitensystem) mittlerweile untergräbt, und zwar auf allen Ebenen: währungstechnisch, realökonomisch, ideologisch und schließlich auch militärisch. Sie können es nicht abschaffen, ohne sich ins eigene Fleisch zu schneiden, und sie können es nicht erhalten. CO2 ist ein Krisensteuerungselement und sonst nichts. Aus diesem und keinem anderen Grund darf es auch über allen anderen Politikzielen rangieren. Jedenfalls ist das meine Meinung.

Was man dabei willig in Kauf nimmt, ist die vollständige Verblödung unserer Gesellschaften, genauer, ihr kalkulierter Absturz in Urteilslosigkeit. Urteilslose Gesellschaften sind unfähig zu Demokratie und simpler Selbstbestimmung selbst in abgezirkelten Bereichen wie der Wissenschaft. Also zerstört man auf mittlere (vielleicht auch kurze) Sicht die Wissenschaft und damit die Quelle von Reichtum, Lebensart und Stabilität. Nur Machtbesessenheit ist dazu bereit und fähig. Meines Erachtens ist sie des Pudels Kern. Sie ist auch nicht auf den berühmten ›kleinen Personenkreis‹ zu beschränken. Im Gegenteil, sie ist extrem ansteckend und erfasst alle Teilgliederungen der Gesellschaft, gleichgültig, welche Machtfitzelchen dem Einzelnen zufallen.

Nein, ich lasse mich nicht verhärten (höchstens anfallsweise). Du hast schon recht: die Welt ist zu groß für den Einzelnen. Es genügt auch nicht, sie zu verstehen (der nebenan versteht sie dann eben anders).

Ganz herzlich
U.