Aufnahme: ©rs

Das Einstein in der Kurfürstenstraße war das schönste und legendärste Caféhaus Wiener Prägung in Berlin. Man fand dort die tägliche Weltpresse ebenso wie Leute ›von Welt‹ (oder solche, die sich dafür halten): ›Monde‹ & ›Demi-Monde‹ reichlich, glücklich vereint. Dort auch sitzt der Flaneur, trifft sich mit Leuten, mit denen er beruflich zu tun hat, liest Zeitung, sieht schönen Frauen nach, unterhält sich über Ausstellungen, Theater etc. Die Kolumne des Berliner Philosophen Steffen Dietzsch, Bannkreis, versammelt – in loser Folge – die Resultate seines Flanierens: kleine Glossen, Artikel zur Sache. 

 

… neulich bei Einstein Bros. (in Boulder, Co.),

als ich diese Kolumne von Leonhard Pitts jr. las, war das für den ›reisenden Sachsen‹ [Bannkreis 54] irgendwie beruhigend … Auch hier, im Land der Happiness bleibt sie dort, wo sie hingehört – in den ›Zeichenraum‹ der Verfassungsurkunde. – Das bürgerliche Leben, ›unten, wo es konkret ist‹ (Hegel), blamiert bis ins Alltägliche hinein jenen ›gut-böse‹-Code,

nach dem wir im Verstand der Politik ›Uns‹ und die Handlungen der ›Anderen‹ zu sortieren hätten. Und jeder whining-Blick auf das, was wir ›unerträglich‹ finden, oder was uns depressiv (und dann aggressiv) macht, ist schon ein Teil des Problems unserer Einbildungen. Wenn Leonhard Pitts seine Landsleute konkret an die Südstaaten-Sklaverei (in der TV-Serie Roots sehr realistisch erzählt) erinnert, so ist es etwas Allgemeingültiges – gerade auch für unsere Gegenwartskultur – wenn er sagt: You want real? Brother, this is as real as it gets.

Dass Amerika es also besser hätte, wie der Weimardeutsche noch vermutete, kann der Reisende fußläufig dementieren: weder beim Essen noch beim Flirten (gut, vielleicht beim studieren), und natürlich nicht beim Wählen! – Was und wie da gegenwärtig eine demokratische politische Kultur etwas aus sich heraus quält – als wäre es [das Trump!] ein Alien – macht wohl die Grenzen eines lediglich empiristischen oder eventförmigen Politikverständnisses deutlich. – In der Sonntagsausgabe der NYT (v. 5. Juni) wird beruhigend deklariert: No, he’s not Hitler. And yet … Aber eben doch einer der Köpfe, die zusammen mit dem Russen Putin, dem Türken Erdogan und dem Inder Modi aus der Hydra heraus wachsen. So etwas schreibt ein veritabler Philosophieprofessor … von der Universität Paris 7-Denis Diderot! Solche ›Politische Mythologie‹ ist augenscheinlich eine Schwundstufe von ›Politischer Theologie‹, aber ohne deren analytische Kompetenz. Denn: soweit, wie man es aus dem mythologischen Kontext herauslesen könnte, will man dann auch nicht gehen: könnte man doch die Hydra ›kleinhalten‹, – aber nur, indem man sie unberührt ließe … Erinnert man sich noch an Ronald Reagan, den Cowboy, Schauspieler und politischen Irrläufer, – der zum Ende des ›Kalten Krieges‹ beitrug?

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