Ein Monument
von Monika Estermann
In seinem schmalen Bändchen, Die Lust am Buch von 2019 (Insel-Bücherei 1464) berichtet Michael Hagner vom Besuch in einem Tel Aviver Kellerantiquariat. Hier fand er die Selbstbiografie von Josef Popper-Lynkeus aus dem Jahr 1917, die ausweislich eines kleinen Einklebers auf dem hinteren Einbanddeckel aus den Beständen des ehemaligen Wiener Antiquariats der Brüder Suschitzky stammte. Hagner stellte sich die Frage: »Was tun mit einem solchen Buch, das ein Flüchtling war und eine verknotete Geschichte zu erzählen hat?« (S. 59-63) Der Gedanke an das Schicksal der Suchitzkys blitzt in Hagners Kontext nur kurz auf, wie ein Glassplitter, auf den die Sonne trifft. Zur Geschichte dieses Unternehmen kann man jetzt in dem Werk von Ernst Fischer: Exilbuchhandel 1933-1945 nähere Auskunft finden. Nach Fischer wurde die Firma Suschitzky 1938 von den Nazis geschlossen. Wilhelm Suschitzky, einer der beiden Inhaber, hatte sich bereits 1934 das Leben genommen, während dem Bruder Philipp und seiner Frau zunächst die Flucht nach Paris gelang, beide aber dennoch 1942 in Auschwitz ermordet wurden. (Fischer 3,2 S. 882f und Bd. 3,3, S. 514-516) Die Buchbestände der Suschitzkys wurden beschlagnahmt und in alle Winde verstreut, einige gelangten auf unbekannten Wegen offensichtlich auch nach Israel.
von Gunter Weißgerber
Es liest sich wie DDR. Es schmeckt wie DDR (allerdings noch mit Bananen). Es riecht wie DDR. Wenn das nicht DDR ist, was ist es dann?
Im Jahr siebenundfünfzig nach Klaus Renfts erstem Verbot 1965, im Jahr siebenunddreißig nach dessen zweitem Verbot 1975, im Jahr siebenundvierzig nach Wolf Biermanns Rausschmiss aus der DDR 1975, im Jahr sechsundvierzig nach Manfred Krugs Unterschrift 1976 unter das Protestschreiben gegen Wolf Biermanns Ausbürgerung, im Jahr neununddreißig nach Udo Lindenbergs DDR-Auftrittsbettelsong Sonderzug nach Pankow an Erich Honecker 1983 fällt einem bundesdeutschem Veranstalter nichts anderes ein als im Stil des DDR-Kulturministers Hans-Joachim Hoffmann folgendes abzusondern:
von Lutz Götze
Europa ist der Kontinent der Sprachenvielfalt. Zumindest theoretisch, denn sie ist bedroht. Es zeichnet sich täglich deutlicher ab, dass die einigende Sprache der Antike und des Mittelalters, das Latein, nunmehr ersetzt werden soll durch die neue Einheitssprache, das Englische. Auf Konferenzen, in der Politik, in den Medien und Bildungseinrichtungen wird zunehmend Englisch gesprochen: zumeist schlecht. Eltern schicken ihre Kinder in englischsprachige Schulen oder gleich auf die britische Insel, weil sie der – unbewiesenen – Überzeugung sind, damit die berufliche Entwicklung der Sprösslinge zu fördern. Entsprechend verfahren immer mehr Eltern von Migrantenkindern: Wozu noch Deutsch lernen? Stattdessen Englisch von Anbeginn an, lautet das Gebot der Stunde!
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